Mülheim. Sie warnen vor sozialem Gefälle, fordern öffentlich geförderten Wohnungsbau und eine Innenstadtverdichtung statt Bauen auf der Grünen Wiese.

Thomas Weber und Michael Scheffler kennen den Mülheimer Immobilienmarkt gut. Der 59-jährige Weber leitet als Prokurist den Immobiliendienstleister der Mülheimer Sparkasse FDL. Scheffler (70) ist seit 1968 als selbstständiger Immobilienmakler tätig.

Beide überraschen bei ihrem Blick auf den Wohnungsmarkt im Mülheim von Morgen mit sozialer und ökologischer Sensibilität. Weber warnt: „Die soziale Schere geht in unserer Stadt auseinander. Private Investoren werden immer lieber für den Mieter mit monatlich 3000 Euro netto bauen, als für den Kleinrentner mit monatlich 400 Euro. Deshalb brauchen wir wieder einen öffentlich geförderten Wohnungsbau.“

Verdichtung in der Innenstadt

Scheffler stimmt dem Votum der Naturschützer zu: „Ein Bauen auf der Grünen Wiese macht keinen Sinn. Wir brauchen eine Innenraumverdichtung im innerstädtischen Bereich.“ Er glaubt, dass kleine Stadthäuser mit 90 bis 100 Quadratmeter Wohnfläche und kleinen grünen Gartenhöfen in Zukunft eine immer größere Anziehungskraft entwickeln werden.

Deutliche Unterschiede in Wohnlage und Wohnkomfort sehen die Immobilienfachleute sehr wohl, nicht aber die Rückkehr der städtischen Notunterkünfte.

„Wir haben mit unserer guten Verkehrsanbindung und unserem vergleichsweise hohen Grünanteil als Wohnstadt mehr Zuzüge als Wegzüge. Das führt zu einem für das Ruhrgebiet vergleichsweise hohen Druck auf den Immobilienmarkt“, erklärt Weber.

Bauflächen fehlen

Das Grundproblem des Mülheimer Immobilienmarktes sehen Scheffler und Weber auch künftig in der Tatsache, „dass Bauflächen faktisch nicht mehr vorhanden sind“, während die Nachfrage nach dem klassischen Einfamilienhaus mit Garten oder der Eigentumswohnung zunimmt.

Ob der derzeit starke Trend zum Wohneigentum auch dann anhalten würde, wenn neben den Immobilienpreisen auch die Zinsen wieder steigen, wagen Weber und Scheffler nicht vorauszusagen. „Ich hätte auch nicht gedacht, dass ein Einfamilienhaus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche, dass vor der Euro-Einführung 300.000 bis 350.000 Mark gekostet hat, heute 300.000 bis 350.000 Euro kosten würde“, gibt Scheffler zu.

Sein FDL-Kollege Weber glaubt aber, dass auch die Mülheimer von Morgen in ihrer breiten Masse keine Wohnungs- oder Hauseigentümer, sondern Mieter sein werden. Er geht davon aus , dass aufgrund des Flächenmangels und des Bedarfs an bezahlbarem und barrierefreien Wohnraum nicht nur renoviert und umgebaut, sondern auch abgerissen und neu gebaut wird.