Mülheim. Das Bildungsnetzwerk Eppinghofen hilft Familien dabei, passende Angebote zu finden, die ihre Kinder in der Entwicklung unterstützen. Damit Eltern den Überblick nicht verlieren und Kinder nicht zurückbleiben.

Bildung ist entscheidend - für den gesellschaftlichen Aufstieg, für beruflichen Erfolg und für ein gutes soziales Miteinander. Das steht in fast jeder Politikerrede, wissenschaftliche Untersuchungen belegen es - doch was folgt in der Praxis daraus? Meistens wenig, in Eppinghofen ist das aber anders.

Dort existiert das sogenannte Bildungsnetzwerk. Was zunächst recht abstrakt klingt, ist ziemlich konkret: Es gibt eine Schaltzentrale für die Arbeit, mitten im Stadtteil an der Heißener Straße 16 gelegen. Und die Tür ist offen: Elena Reifenröther und Haccanim Sakar-Ak sowie Alexandra Grüter und Agnes Schauer vom Stadtteilmanagement arbeiten hier, sie leisten die Koordination: Das bedeutet vor allem, genau hinhören zu können.

Interessen früh erkennen

Stadteilmanagerin Grüter beschreibt ihren Job so: „Eine ältere Dame hat mal zu mir gesagt: ,Sie sind wie meine Lieblingsverkäuferin bei Tengelmann. Wenn ich an der Kühltheke stehe und nicht weiß, wo das Konservenregal ist, nimmt sie mich einfach mit und führt mich dahin.’“ Grüter wertet das als großes Kompliment, denn sie und ihre Kolleginnen sind eben genau solche Lotsen. Und die werden auch gebraucht: Die Vielfalt an Angeboten und Programmen, die von den Eppinghofern genutzt werden können, ist nämlich ziemlich groß. Da kann man schnell den Überblick verlieren.

Zum Beispiel „ Opstapje“ - das ist Niederländisch und heißt „Schritt für Schritt“. Dahinter steht ein Programm für Eltern von Kindern zwischen zehn Monaten und drei Jahren. Paten kommen in die Familien und zeigen den Eltern, wie sie sozusagen spielend die Entwicklung ihres Kindes unterstützen können. Denn beim gemeinsamen Spiel wird sowohl der Wortschatz des Nachwuchses gefördert, hier lassen sich aber auch schon früh Interessen erkennen, die dann durch passendes Spielmaterial gefördert werden. Daneben gibt es auch Treffen der teilnehmenden Familien, wo sich die Mütter und Väter im gemütlichen Rahmen über ihre Erfahrungen austauschen können.

Bildung ist eben nicht nur etwas, was die Kinder betrifft, sondern auch die Eltern brauchen Unterstützung. Sie sind schließlich die wichtigsten Bezugspersonen. „Heute schaut man vor allem darauf, dass die Übergänge von den einzelnen Bildungsstufen reibungslos laufen, etwa von der Grund- zu weiterführenden Schule oder dann später in den Beruf“, erläutert Elena Reifenröther. Und dann sind die Eltern wichtig, weil sie ihre Kinder dabei unterstützen müssen, einen Weg einzuschlagen, später aber auch sie motivieren, ihn durchzuhalten. So gehören zum Angebot auch die sogenannten Mut-Cafés. Dort treffen sich Frauen, alle mit Einwanderungsgeschichte, aber unterschiedlicher Herkunft, um gemeinsam auf Deutsch über die Fragen zu sprechen, die sie bewegen. Viele von ihnen sind Mütter, also geht es dann auch um Erziehungsfragen. Genauso sprechen sie aber auch Punkte an, die sie persönlich betreffen, etwa bei Weiterbildungen. Zum Beispiel: Fahrradfahren: Erst gerade wieder hat ein Kurs abgeschlossen, bei dem Frauen in Zusammenarbeit mit der Verkehrswacht gelernt haben, sich auf dem Drahtesel sicher auf der Straße zu bewegen. „Man darf nicht unterschätzen, wie sehr das positiv auf ihr Selbstbewusstsein wirkt“, sagt Haccanim Sakar-Ak.

Schüler besuchen Arbeitsplätze

Und schließlich gibt es ganz viele Aktionen, bei denen die Koordinatorinnen auf die Hilfe von Menschen aus der Stadt angewiesen sind. Beispiel Berufsorientierung: Regelmäßig schauen sie sich mit Grundschulklassen aus dem Stadtteil unterschiedliche Arbeitsplätze an. Letztens waren sie am Theater an der Ruhr zu Gast. Ein anderes Mal hat eine Augenärztin darüber berichtet, was sie täglich macht. Vor allem aber hat sie den Kindern über ihren Lebensweg erzählt: Die Ärztin musste viel Energie aufbringen. Während des Jugoslawien-Krieges war sie nach Deutschland eingewandert, hatte dann eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht und schließlich noch Medizin studiert. „Solche Vorbilder haben Wirkung“, sagt Haccanim Sakar-Ak. Alle diese Beispiele tragen dazu bei, dass Bildung nicht als etwas Abgehobenes empfunden wird. Die Menschen merken, wie Bildung ihre Lebensqualität verbessert.

Viele Eltern in Eppinghofen sind aus Drittstaaten zugewandert, sie besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit nicht, sprechen häufig kein oder nur wenig Deutsch und kennen sich mit den Erziehungsweisen und dem Bildungssystem ihres neuen Heimatlandes nicht aus. Sie möchten ihre Identität bewahren und für sich und ihre Kinder eine gute Zukunft in Mülheim gestalten. Um diese Menschen gezielt zu unterstützen, ist das Bildungsnetzwerk gegründet worden. In Styrum existiert ebenfalls so ein Netzwerk. Mitfianziert wird die Arbeit aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU. Weitere Mittel stammen von der Leonhard-Stinnes-Stiftung.

Kontakt kann man zum Bildungsnetzwerk unter 455 51 90 oder unter 455 51 89 aufnehmen.