Heißen. . Die Straßendecke des Nansenweges soll umfänglich ausgebessert werden. Die Eigentümer von 55 Häusern werden dafür zur Kasse gebeten – sie wehren sich.

Als die Eigentümer der 55 Häuser am Nansenweg vor einigen Wochen Post aus dem Technischen Rathaus bekamen, trauten sie ihren Augen nicht. „Umfangreiche Straßenerneuerungsarbeiten über mehrere Monate“ kündigten die Mitarbeiter des Amtes für Verkehrswesen und Tiefbau an. Der Flickenteppich aus Teerfüllungen soll einer glatten, neuen Straßendecke weichen. Im Prinzip geht das für die Anlieger in Ordnung. Dass die Stadt dafür jedoch das mögliche Maximum an Gebühren einfordert, macht die Anwohner wütend. Zwischen 4200 und 6500 Euro – je nach Grundstücksgröße und ohne Nachlass – sind demnächst an den Kämmerer zu überweisen.

„Wir müssen auch sparen wie die Stadt“, sagt dazu Joachim Schellenberger. Mit seinem Nachbarn Walter Kleinöder hat er sofort einen Brief im Namen aller Anlieger verfasst. Darin steht, die Stadt habe es in den vergangenen Jahren versäumt, die notwendigen Reparaturen vorzunehmen. Natürlich sei der Nansenweg schon 60 Jahre alt. Aber wenn kleine Löcher nicht repariert würden, wüchsen sie schnell zu großen. „Da helfen dann auch keine Teerfüllungen mehr, die die Schippenkolonne hineinfüllt.“

Ein Viertel der Straßen sind mangelhaft

Die Lage vor den Haustüren der Bewohner habe sich dazu dramatisch verschlimmert, weil die Stadt den Nansenweg oft als Umleitungsstrecke ausgewiesen hat. Wenn es auf der Velauer Straße hakte, fuhren schwere Lastwagen und Linienbusse über den Nansenweg. Dieser hat jedoch einen Beschränkung für maximal 7,5 Tonnen. Selbst die Stadt nutze den schmalen Nansenweg, „um mit Lastwagen den Sand auf dem Spielplatz auszutauschen“. Für das Wechseln eines Klettergerüstes rückt ein dicker Kranwagen an, haben Anlieger beobachtet.

Die Stadt hat einen großen Reparatur- und Erneuerungsstau im Straßennetz. Das haben Untersuchungen in 2015 ergeben. Autofahrer spüren Dellen, Schlaglöcher und Spurrillen. Fast ein Viertel der Straßen sind mangelhaft. Weitere knapp 40 Prozent bewerten örtliche Straßenbauer mit ausreichend. Die restlichen Straßen sind gut bis befriedigend. Um alle Straßen in einen guten Zustand zu bringen, sind mehr als 330 Millionen Euro notwendig. Etwa ein Zehntel dieser Summe kann die Stadt für Straßenerneuerungen pro Jahr nur ausgeben. Darum wächst der Anteil mangelhafter Straßenflächen jährlich um ein Prozent, lautet die Prognose.

„Kosten könnten geringer sein“

Der Nansenweg gehört zu den mangelhaften Straßen, wissen die Ingenieure des Amtes für Verkehrswesen und Tiefbau. Darum wird er demnächst komplett saniert. Für die Anlieger stellt sich jedoch die Frage, ob die Schäden bei weniger Lastwagen und Umleitungsverkehr nicht geringer ausgefallen wären. Das hätte ihrer Ansicht nach auch die Beteiligung an den Reparaturkosten verringert. Auch hätten Gerichte schon entschieden, dass eine Gemeinde mit 55 Prozent Anliegeranteil auskommen muss.

In einem zweiten Schreiben an die Anlieger des Nansenweges haben die Mitarbeiter des Tiefbauamtes jetzt Erklärungen nachgeliefert. Darin geben sie auch Reparaturversäumnisse zu. Aber sie konnten nicht handeln, weil der Kämmerer nicht das erforderliche Geld bewilligte. Dass sich mit dem Hinauszögern von Reparaturen an Straßen und Gebäuden deren Zustand zusehens verschlechtert, ist im Rathaus ebenfalls bekannt.

„Die Regelung mit den anteiligen Beteiligungsbeträgen nach Kommunalabgabengesetz ist in Ordnung“, sagt Schellenberger. „Zwischen 50 und 80 Prozent kann der Anliegeranteil an den Gesamtkosten betragen“, stellt der Eigentümer klar. „Die Stadt nimmt den zulässigen Höchstbetrag.“

Überweisen, um Grundstücke erreichen zu können

Stadtsprecher Volker Wiebels beantwortet die wichtigsten Fragen zu Anliegergebühren.

Was bekommen Anlieger überhaupt für ihre Steuern und Gebühren?

Volker Wiebels: Steuern dienen der Finanzierung allgemeiner staatlicher Aufgaben und können nicht direkt einzelnen „Gegenleistungen“ zugerechnet werden. Gebühren hingegen decken den Aufwand, der durch eine bestimmte und fest umrissene Leistung des Staates bzw. der Verwaltung entsteht. Beiträge werden dort erhoben, wo den Bürgern die Möglichkeit geboten wird, Leistungen oder Anlagen in Anspruch zu nehmen. Straßenbaubeiträge sind hierfür ein Beispiel: Den Grundstückseigentümern wird die Möglichkeit geboten, ihre Grundstücke über die Straße (gleich Anlage) zu erreichen.

Wer schreibt bestimmte Ausbaustandards für Kommunen vor? Darf eine Gemeinde auf Bürgerwunsch den Straßenausbau abspecken oder gar unterlassen?

Wiebels: In beiden Fällen sind die geltenden Vorschriften einzuhalten.

Wie geht die Überführung oder Umwidmung in eine Privatstraße?

Wiebels: Straßen werden durch einen förmlichen Widmungsakt nach dem Straßen- und Wegegesetz NRW zu öffentlichen Straßen, soweit sie nicht als alte Straßen bereits immer der Öffentlichkeit zur Verfügung gestanden haben. Die Rückführung einer solchen öffentlichen Straße in den Status einer Privatstraße ist nur möglich, wenn die Straße keine Bedeutung mehr für den öffentlichen Verkehr hat oder Gründe des öffentlichen Wohls für ihre Beseitigung vorliegen.Bei einer Straße, die öffentlich ist und nach wie vor dazu dient, öffentlichen Verkehr abzuwickeln, wird man diese Voraussetzungen kaum bejahen können.

Welche Konsequenzen (Haftung, Räumung, Reparaturen und Kosten) hat das für Anlieger?

Wiebels: Der Eigentümer bzw. die Eigentümer tragen alle Kosten und Risiken, die mit der Nutzung ihrer Grundstücke (in diesem Fall ihrer Privatstraße) verbunden sind. Hierzu gehören die Verkehrssicherung und die Haftung bei Schadensfällen. Kosten der Unterhaltung oder Erneuerung solcher Straßen tragen die Eigentümer zu 100 Prozent, während bei öffentlichen Straßen die Unterhaltung zu 100 Prozent aus öffentlichen Mitteln (Steuern) getragen wird und bei beitragspflichtigen Erneuerungs- oder Verbesserungsarbeiten die Allgemeinheit ebenfalls einen je nach Straßenfunktion unterschiedlich hohen Anteil der Kosten trägt