Mülheim. . Zu seinem Sommerfest hat der CVJM in Mülheim Spiele aus allen Teilen der Welt ausprobiert. Militan aus Syrien hat in seiner Jugend Şişi gespielt.

Militans (23) Kindheit in Aleppo bestand aus Ziegelsteinen und Tennisbällen. Mehr brauchte er nicht, um glücklich zu sein. Und mehr braucht es nicht für das beliebte Straßenspiel Şişi. „Es ist ein spezielles Spiel“, sagt Militan. „Es ist das Spiel der Kinder.“

Die Regeln sind einfach. Gespielt wird einer gegen Mehrere. Der Einzelspieler muss einen Turm aus gestapelten Holzklötzen oder Steinen mit einem Tennisball umwerfen. Seine Gegenspieler versuchen danach, den Turm wieder aufzubauen – und zwar möglichst schnell. Denn der Einzelspieler versucht sie währenddessen alle abzuwerfen. „Bis zum Alter von 15 Jahren spielt das Spiel jeder, danach haben die meisten nur noch Fußball im Kopf“, sagt Militan, der sich seit seiner Ankunft in Mülheim im Oktober selbst über Lern-CDs Deutsch beigebracht hat. Und jetzt lernen das Spiel auch die Kinder in Mülheim kennen.

In einer Projektgruppe hat der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) eruiert, welche Spiele in anderen Teilen der Welt populär sind. Auch viele Migranten- und Flüchtlingskinder besuchen das Jugendzentrum des Vereins regelmäßig. Zum „Fest der Kulturen“ am Samstag wurden die Spiele in großer Gruppe vorgestellt und natürlich ausprobiert – darunter Şişi.

Kinder wollen einfach spielen

Wobei Militan das Spiel einfach „Holzblöcke“ nennt, wenn er es mit den Kindern spielt. „Aber eigentlich ist der Name den Kindern egal“, sagt er. „Genauso wie ihnen egal ist, welche Nationalität oder Kultur du hast. Sie wollen einfach spielen.“ Deswegen tut es Militan gut, dass er sich ehrenamtlich beim CVJM engagiert und bei Projekten wie der Spielegruppe mitwirkt. „Liebe, Menschlichkeit: Die Erwachsenen können so viel von den Kindern lernen.“

Spielegruppe trifft sich immer dienstags

Wer Militan kennenlernen möchte und auch einmal Spiele aus anderen Orten der Welt entdecken möchte, kann jeden Dienstag von 18 bis 19 Uhr zur Spielegruppe ins Jugendzentrum des CVJM, Teinerstraße 3-5, kommen.

Die Türen des Jugendzentrums stehen zu folgenden Zeiten offen: dienstags und jeden zweiten und vierten Samstag im Monat von 15 bis 20 Uhr, mittwochs und donnerstags von 15 bis 18 Uhr sowie freitags von 19 bis 22 Uhr und jeden zweiten und vierten Sonntag von 17 bis 20 Uhr.

Alle Informationen zu den Aktivitäten des CVJM im Internet auf www.cvjm-muelheim.de oder unter der Telefonnummer
38 16 88.

Kinder hat Militan selbst keine. Aber einen kleinen Bruder, der 15 Jahre alt ist. Im Februar konnte er aus der Türkei nachziehen und wohnt jetzt in Mülheim mit Militan und seinem Vater. Die Schwester (28) ist in einer Turnhalle nahe Dortmund untergebracht, der Rest der Familie ist noch in der Türkei. Militan selbst kam per Schlepper nach Deutschland, verbrachte während seiner Reise auch einige Tage in einem ungarischen Gefängnis.

„Wegen solcher Geschichten machen wir dieses Fest hier”, sagt Ute Hoffmann vom CVJM. „Wir sehen es als Hoffnungsschimmer dafür, dass alle gut miteinander auskommen.” Und worüber kommt man sich am besten näher als übers Spielen?

Natürlich ist Şişi am Samstag nicht das einzige Spiel: Es gibt ein Kickerturnier, riesige Mikado-Stäbchen oder ein Schokokuss-Katapult. Für Militan ist vieles neu. „Ich habe hier Hockey gelernt”, sagt er – und strahlt dabei wie ein Kind, das alle bei Şişi abgeworfen hat.