Mülheim. Wäger/in gesucht: Gerade ist bei der MEG wieder eine Stelle ausgeschrieben. Wie lange es diesen Beruf noch gibt, ist jedoch unklar.
Genau 208 Mitarbeiter hat momentan die Mülheimer Entsorgungsgesellschaft MEG. Arbeitszeiten werden exakt erfasst – nur Betriebsfremde wundern sich, dass etwa die Frühschicht um 14.18 Uhr endet. Und vor allem an der Waage ist korrektes Vorgehen gefragt.
„Sie ist das zentrale Instrument, für die Mengenbilanzierung entscheidend“, sagt MEG-Geschäftsführer Günther Helmich. „Hier läuft alles zusammen“, erklärt Wilhelm Ketzer, der seit 29 Jahren als Wäger arbeitet. Ende Oktober geht der 62-Jährige in den Ruhestand. Ein Nachfolger wird gerade per Stellenausschreibung gesucht. Ketzer ist ursprünglich Kfz-Mechaniker, Regina Schnapka, die ihm am Schreibtisch gegenüber sitzt, war früher als Schallplattenfachverkäuferin tätig. Seiteneinsteiger sind willkommen, eine abgeschlossene Berufsausbildung muss jedoch sein.
Jeder Pappbecher wird erfasst
Die Waage, die sie in den Kernzeiten zu zweit überwachen, besteht schlicht aus langen Betonplatten an der Ein- und Ausfahrt zum Betriebsgelände. Täglich wird sie im Schnitt von 250 bis 300 Fahrzeugen belastet, jedes wird jeweils auf dem Hin- und Rückweg gewogen, mit und ohne Ladung, und so alles registriert und abgerechnet, was die MEG gemäß ihrer Aufgabe entsorgt. „Im Rahmen der Abfallbilanz wird jeder Pappbecher erfasst“, erklärt Rainer Tausch, Abteilungsleiter für die Technik. Einen einzelnen Coffee-to-go-Becher registriert die Waage jedoch nicht: Auf dem Computermonitor angezeigt werden Gewichte im Bereich zwischen fünf Kilogramm und 40 Tonnen, letzteres erreicht beispielsweise ein Sattelauflieger mit Bauschutt.
Außer den Müllwagen, Kehrmaschinen, Containerfahrzeugen der MEG rollen auch Kundenfahrzeugen über die Platte: Firmen liefern Grünschnitt, Elektroschrott oder Sondermüll ab. Wenn es plötzlich durch das offene Fenster müffelt wie auf einem Bauernhof, ist klar: Eine Fuhre Biomüll wird gebracht. Bezahlt wird grundsätzlich sofort vor Ort, so dass zum Tätigkeitsprofil der Wäger auch die „Führung einer Hauptkasse“ gehört.
Technik wird den Beruf des Wägers überflüssig machen
„Früher“, berichtet Wilhelm Ketzer, als die Entsorgungsgesellschaft noch rein städtisch geführt wurde, „waren wir auch eine Art Wachdienst und haben in drei Schichten gearbeitet.“ Bis heute müssen sich alle betriebsfremden Personen bei ihnen melden. Nicht alle tragen dabei ein freundliches Gesicht. Beispiel: Bürger entsteigt einem beladenen Auto, außerhalb der bekannten Öffnungszeiten des Recyclinghofes... „Wir müssen uns leider häufiger gefallen lassen, dass wir beschimpft werden“, so Regina Schnapka. „Wenn Leute etwas aggressiv werden“, ergänzt der Kollege, „muss man ruhig bleiben.“ Auch das gehört zum Job.
Über kurz oder lang, meint MEG-Geschäftsführer Helmich, werde die Technik den Beruf des Wägers überflüssig machen, die Waage zumindest die eigenen Fahrzeuge des Entsorgers automatisch erkennen. „Aber für Kunden von außen wird es auch künftig Handwägung geben.“ Computergestützt, versteht sich.
Fast 40.000 Tonnen Mülheimer Hausmüll pro Jahr
Fahrzeuge mit zig Tonnen Abfall rollen innerhalb eines Jahres über die Waage auf dem MEG-Gelände an der Pilgerstraße.
2015 wurden beispielsweise folgende Mengen registriert: Rund 6200 t Müll aus der Gelben Tonne, ca. 11.800 t Papier, Pappe und Kartonagen, etwa 6400 t Sperrmüll und ebenso viel Bioabfall. Die „gemischten Siedlungsabfälle“, man kann auch einfach Hausmüll sagen, machten rund 39.000 t aus. Hinzu kommen noch Grünschnitt, Bauschutt und vieles andere.
Auf regelmäßige Samstagsarbeit müssen sich auch die Wägerinnen und Wäger einstellen, wenn Leerungen nach Feiertagen nachgeholt werden oder der Recyclinghof geöffnet hat.