Mülheim. . Die Bürgerversammlung zum Fluglärm verläuft sehr ruhig, dabei fühlen sich viele Bewohner durch nächtliche Flüge arg gestört.
Es ist ungewöhnlich ruhig am Freitagabend im Kloster Saarn – für eine Bürgerversammlung, die sich Gehör verschaffen will gegen Fluglärm. Einen „Schwups an Lautstärke“ spüren viele der versammelten 80 Mintarder, Heißener und Saarner dabei schon jetzt: „Samstagfrüh ab 6 Uhr fliegen Sie regelrecht aus dem Bett“, berichtet ein Lärmgeplagter, und nicht wenige nicken.
Bis Mitternacht donnern die Düsen inzwischen in manchen Stadtteilen trotz geltender Nachtruhe, weil Verspätungen wohl zunehmen. Und es soll noch mehr von oben kommen, denn der Düsseldorfer Flughafen will seine Kapazitäten um ein gutes Drittel erhöhen: 60 Flugbewegungen pro Stunde statt derzeit etwa 45. Eine Prognose der Betreiber sieht steigenden Bedarf bis 2030 voraus.
Der Verein „Bürger gegen Fluglärm“ setzt auf ein Gegengutachten: Die Lärmdiagnose habe die Zahl der Flugbewegung heruntergespielt, obwohl man an anderer Stelle von einem erhöhtem Bedarf ausgehe, sieht die Fachagentur Regio Consult deutliche Widersprüche im Gutachten des Flughafens.
Im Minutentakt
Gibt es Bedarf? Mancher Bürger sieht in Billigangeboten eine Ursache: Für 63 Euro fliegt man nach Krakau, kauft dort zollfrei Zigaretten für 60 Euro, die man in Deutschland für 190 verkauft. Macht einen Gewinn von rund 70 Euro pro Flug. Das sei ein Extrembeispiel, entgegnet Frank Peylo von der Mülheimer Unternehmergemeinschaft „Wir sind Flughafen“ gegenüber dieser Zeitung. „Mobilität ist Teil unserer Gesellschaft, man sollte sie nicht einschränken oder auf andere Flughäfen verlagern, weil man sie hier nicht will. „Wer weniger Fluglärm fordert“, so Peylo, „muss bei sich anfangen – und verzichten.“
Doch Düsseldorf schaffe nicht mehr Bedarf, sondern zieht nur anderswo Kunden ab, argumentieren Gegner, Stadt und Fachagentur. Zwei Stunden später fühlt sich Ronald Marziniak aus Broich von den vielen Informationen fast überfrachtet. Er befürchtet eine höhere und pausenlose Lärmbelastung für weitere Mülheimer Stadtteile, wenn in Düsseldorf künftig im Minutentakt gelandet und gestartet werden soll: „Ist die Flugsicherheit dann noch gewährleistet?“
Kommunen lehnen ab
Umso mehr rätselt mancher Anwesende, warum der Saal am Freitagabend nicht aus allen Nähten platzt. Einer Bürgerin ist die Stimmung zu bedächtig: „Ich vermisse mehr Kampfgeist! Es ist erschreckend, wie wenige hier sind.“ Ein anderer sieht’s gelassen: „Die Kommunen lehnen das Vorhaben ab – was kann da schon passieren?“
Acht Städte sind dagegen, bestätigt Jürgen Zentgraf, Leiter des Umweltamtes, dennoch: „Entscheidend ist Ihr Einwand aufgrund gesundheitlicher Belastung“, appelliert er. Die Unterstützung der Stadt lobt Waldemar Nowak, Mitinitiator des Abends, auf die bessere Argumentation will er sich aber nicht verlassen: „Der Druck muss durch die Bürger erhöht werden.“