Mülheim. Wie geht das, 18 Stunden ohne Essen und Trinken? Wir haben einige Stimmen aus der Stadt gesammelt.

Fasten von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang: Wenn Ramadan, wie dieses Jahr, in den Frühsommer fällt, verlangt dies gläubigen Muslimen einiges ab. Wer sich streng an die Regeln hält, darf rund 18 Stunden lang nichts essen oder trinken. Der Alltag geht weiter, wird aber anstrengender, wie die folgenden Beispiele aus Mülheim zeigen. . .

In der Schule

Die große Gustav-Heinemann-Gesamtschule beispielsweise wird von vielen Kindern und Jugendlichen aus muslimischen Familien besucht. Und dort hätten sie mit der ausgedehnten Fastenzeit „schon ein Problem“, räumt der stellvertretende Schulleiter Thomas Ratz ein. Aus dem Kollegium wird berichtet, dass etwas mehr Kinder der Klassen fünf bis zehn über Kopf- und Bauchschmerzen klagen mit der Begründung, sie hätten seit dem Vorabend nichts gegessen.

Keine Fastenpflicht für Kinder und Kranke

Ramadan, der neunte Monat im Islamischen Mondkalender, verschiebt sich Jahr für Jahr. Dieses Mal begann er am 6. Juni und endet am 5. Juli mit dem Ramadanfest (Bayram).

Für gläubige Muslime ist in dieser Zeit Fasten Pflicht. Ausgenommen von dieser Vorgabe sind Reisende, Kinder vor Beginn der Pubertät, altersschwache ­Menschen, schwangere Frauen und Leute, die einer körperlich anstrengenden Arbeit nachgehen.

„Wir raten ihnen dann, mit ihren Eltern zu sprechen“, sagt Ratz, „weil wir ja nicht einfach ein Glas Wasser anbieten können.“ Manche hätten auch etwas zu trinken dabei, „aber nur für den Notfall“. Zum Teil, so der stellvertretende Schulleiter weiter, versuchten Familien auch, ihre Kinder für die Zeit des Ramadans generell vom Sportunterricht zu befreien, doch dies sei so einfach nicht möglich.

Einen hohen Anteil muslimischer Kinder gibt es auch an der Schule am Hexbachtal. Dass dort „ganz viele Kinder fasten, freiwillig auch schon einige in der fünften Klasse“, bestätigt Konrektorin Birgitta Strehlau. „Aber den Unterricht oder überhaupt den Alltag beeinträchtigt das überhaupt nicht.“ So sei jetzt auch das Sportfest ganz normal gelaufen, dort hätten einige Jugendliche, die eigentlich fasten, allerdings etwas getrunken und gegessen, „weil es eine Ausnahme war“.

Im Sportverein

Was Ramadan betrifft, so hätten sie diesmal „großes Glück“, meint Detlef Weides in seiner Funktion als Geschäftsführer des 1. FC Mülheim-Styrum, in dem viele türkischstämmige Kicker aktiv sind. Dies gelte zumindest für die Senioren: Am 5. Juni bestritten sie das letzte Meisterschaftsspiel, erst am 7. Juli geht es wieder los, dazwischen ruht der Trainingsbetrieb. Anders sieht es in der A-Jugend aus: „Acht, neun Leute aus der Mannschaft fasten“, erklärt Weides, „die Jungs kommen zwar zum Training und spielen, aber sie sind abends müde und ausgelaugt.“ Darum hätten sie auch am Mittwoch beim Qualifikationsspiel gegen Preußen Duisburg kaum eine Chance gehabt.

Allzu dramatisch sieht der Fußballverantwortliche die sportlichen Perspektiven während des Fastenmonats aber nicht: „Man verliert deshalb nicht jedes Spiel. Aber es ist schwieriger.“

Im Flüchtlingsdorf

Knapp 400 Menschen leben derzeit im Saarner Flüchtlingsdorf, davon nehmen etwa 180 am Ramadan teil, berichtet Frank Langer, stellvertretender Vorsitzender des DRK-Kreisverbandes, dessen Team die Unterkunft betreut. Um allen gerecht zu werden, bieten sie beides an: Mahlzeiten zu den üblichen Zeitfenstern, aber auch die Möglichkeit, spät in der Nacht zu essen. „Das Abendessen wird verlängert bis Mitternacht, und ab zwei Uhr wird ein Frühstück angeboten, bis zum Sonnenaufgang.“ Das Personal arbeitet während der Fastenzeit im Drei-Schichten-Betrieb, zusätzliche Leute hätten sie dafür aber nicht eingestellt, so Langer.

Viele Bewohner, die nicht früh zur Schule oder zum Sprachkurs müssen, hätten ihren Tagesrhythmus verändern, bleiben abends länger wach und erlauben es sich, morgens später aufzustehen. Beschwerden darüber gebe es kaum, erklärt der DRK-Mann, da das Flüchtlingsdorf aus einzelnen Holzhäusern besteht, Bewohnergruppen räumlich getrennt seien.

Im Arbeitsalltag

Ömer Tasel ist Mitglied der türkisch-islamischen Ditib-Gemeinde, zu der die Fatih Moschee gehört, und Mülheimer Unternehmer: Er führt eine Firma, die mit gebrauchten Maschinen handelt. Acht Mitarbeiter hätten sie, erklärt Tasel, „zwei fasten“. Doch auf den Arbeitsalltag habe dies keinen Einfluss, „das können Sie sich, wenn Sie wettbewerbsfähig sein wollen, in Deutschland gar nicht erlauben“.

Während seine Familie – Ehefrau und zwei erwachsene Kinder – die Regeln des Ramadan beachten würde, faste er selber nur am Wochenende: „Andernfalls wäre ich nicht arbeitsfähig“, meint der 52-Jährige. So hält er es, wohl wissend, dass die anerkannten Ausnahmeregeln wie Reisen, Krankheit oder schwere körperliche Arbeit auf ihn nicht zutreffen. „Jeder“, so Ömer Tasel, „muss das mit seinem Gewissen vereinbaren.“