Mülheim. . Vor rund einem Jahr startete das Projekt „Vis(a)-vis“ der Caritas, das ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingsarbeit bündelt.
Am Anfang stand Deutschunterricht. Von Ehrenamtlichen geleitete Sprachkurse, die auf zertifizierte Angebote von Caritas und Katholischer Familienbildungsstätte vorbereiten, waren im Mai 2015 das erste Angebot von „Vis(a)-vis“. Seitdem hat sich das Projekt der Caritas, das ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingshilfe bündelt und koordiniert, gewandelt. Der Praxis zeigte: Zum Ankommen in Deutschland braucht es mehr als die Sprache.
Für Martina Pattberg, die bei der Mülheimer Caritas den Fachdienst Kinder-, Jugend- und Familienhilfe leitet, lässt sich der wichtigste Aspekt der Flüchtlingsarbeit mit einem Wort zusammenfassen: „Begegnung“. Die baue auf beiden Seiten Ängste und Vorurteile ab. Für Vis(a)-vis zeigte sie zudem Bedarfe und Hilfeansätze auf. Einzelfallhilfe ist da das zentrale Stichwort. Projektleiterin Hannah Berntgen beschreibt dies in einem Rückblick auf das erste Projektjahr als „kurze Hilfe beim Lesen und Verstehen von Briefen oder bei der Erstbegleitung zum Arzt oder zu Ämtern“. Bis heute ist das ein Schwerpunkt.
Verstärkt an Priesters Hof und Vereinstraße aktiv
Inzwischen hat die Stadt Mülheim einzelne Unterkünfte einzelnen Trägern oder Gruppen zugewiesen, um so das ehrenamtliche Engagement zu koordinieren. Seitdem ist die Caritas verstärkt an Priesters Hof und Vereinstraße aktiv. In der Heißener Einrichtung sind junge Männer zwischen 20 und 40 Jahren untergebracht – eine ganze Reihe von ihnen bereits seit Projektstart. „Seit über einem Jahr sitzen sie in einem Zimmer mit acht fremden Menschen und haben bisher noch nicht einmal einen Asylantrag stellen dürfen“, berichtet Hannah Berntgen und begründet damit auch, warum Freizeitangebote unterbreitet werden. Teils finden die im Jugendzentrum an der Tinkrathstraße statt und sind so vielfältig, wie die Interessen und Fähigkeiten der Ehrenamtlichen. So leitet Künstlerin Martina Hengsbach einen Malkurs und Jens Weymann, der hauptberuflich Sozialarbeiter und ehrenamtlich als „Bürgermeister des Priesters Hof“ bekannt ist, organisiert immer wieder Gruppenaktionen.
Dabei haben die Projektbeteiligten gerade dafür Kritik einstecken müssen, berichtet Hannah Berntgen: Ausflüge wurden beispielsweise als „Flüchtlings-Bespaßung“ abgewertet. Das jedoch mag die Projektkoordinatorin nicht so stehen lassen, gehe es doch um mehr als eine sinnvolle Freizeitgestaltung. „Einen Einstieg“ nennt Hannah Berntgen sie, um ungezwungen ins Gespräch zu kommen, um die jungen Männer für ehrenamtliches Engagement zu begeistern, um Verbundenheit herzustellen. Und da ist man wieder bei der „Begegnung“, die Martina Pattberg so betont. Das Vis(a)-vis-Team ist überzeugt, dass „dieser Weg richtig war“. Deshalb soll das freizeitpädagogische Angebot in Zukunft ausgebaut und in einem neuen Projekt gebündelt werden. Vis(a)-vis selbst läuft laut Martina Pattberg noch bis 2017.
Ehrenamtliche werden immer gesucht
Mit 50 Ehrenamtlichen startete Vis(a)-vis; inzwischen engagieren sich rund 70 Mülheimer.
Verstärkung ist aber immer willkommen – für die Einzelfallhilfe und für Freizeitangebote. Kontakt: Hannah Berntgen, Tel. 01761 / 200 12 68, hannah.berntgen@caritas-muelheim.de.