Mülheim. Die Arbeitsagentur Mülheim lud Imame, Geschäftsleute und andere Interessierte zum ersten Info-Abend. Berater sollen bald auch die Gemeinden besuchen
Um „die Möglichkeiten der dualen Ausbildung in Deutschland“ drehte sich kürzlich eine Info-Veranstaltung in der Mülheimer Agentur für Arbeit. Die Power-Point-Präsentation wurde in Türkisch gehalten. Rund 30 Interessierte waren gekommen, darunter mehrere Imame und andere Vertreter muslimischer Gemeinden sowie Geschäftsleute. Viele Männer und einige Frauen nahmen teil, Menschen aus zwei Generationen.
Das Problem? Sefer Öncel, Migrationsbeauftragter NRW der Bundesagentur für Arbeit, skizzierte es in seinem Referat: Türkischstämmige Jugendliche blieben häufiger ohne Schulabschluss, fänden schwerer einen Ausbildungsplatz, suchten seltener die Berufsberatung auf. „Es herrscht noch viel Unwissenheit“, so der Fachmann, der daher in seinem muttersprachlich formulierten Vortrag einige Grundlagen vermittelte, was Ausbildungswege und Beratungsmöglichkeiten anbelangt.
Die Chancen seien auch ungleich verteilt, ergänzt Jürgen Koch, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim und Gastgeber des Treffens: „Bekommt ein Personalchef zwei Mappen auf den Tisch und ein Bewerber heißt Müller, der andere Yildirim, dann nimmt er wahrscheinlich Müller.“
Eine Erfahrung übrigens, die wenig später auch ein Familienvater aus dem Plenum bestätigte, dessen Sohn etliche Absagen erhalten habe. „Dass sich das ändert“, so Koch, „daran arbeiten wir.“
Maßgeblich angestoßen wurde die Initiative durch Mustafa Kemal Basa, den für die Region zuständigen Generalkonsul. Das Zentrum für Türkeistudien wirkt ebenfalls mit. In Essen lief bereits eine ähnliche Veranstaltung.
Unter den Zuhörern war auch Hasan Tuncer, in Doppelfunktion als stellvertretender Vorsitzender der Alevitischen Gemeinde Mülheim und Ratsherr des Bündnisses für Bildung. Er sagt: „In Mülheim gibt es massenhaft Angebote für türkischstämmige Jugendliche.“ Nur würden diese oft nicht angenommen: „Man geht grundsätzlich nicht gerne zu Beratungsstellen, da dies mit einer gewissen Schwäche verbunden wird.“
Ein langjähriger Jugendvertreter der Ditib Ulu Camii Moschee in Styrum meldet sich zu Wort: Ibrahim Karaca. „Die meisten unserer jungen Leute studieren“, so der 32-Jährige, „aber auch sie wissen oft nicht, wem sie Fragen stellen können.“ Sein Vorschlag: Berufsberater könnten in die Gemeinden kommen und vor Ort informieren.
In diese Richtung wird es wohl auch gehen. Man wolle eine Arbeitsgruppe schaffen, erklärte Generalkonsul Basa nach Ende des Informationsabends. „Geplant ist, jeden Monat eine Gemeinde zu besuchen, die ihre Jugendlichen und Eltern einlädt.“ Die Arbeitsagentur will Berater entsenden. „Wir werden“, so Geschäftsführer Jürgen Koch, „bald in Mülheim jeden einzelnen Menschen brauchen, um ihn als Fachkraft auszubilden.“
Auch U25-Haus bietet Info-Veranstaltungen für Eltern oder Moscheevereine
Um Jugendliche in Sachen Ausbildung zu unterstützen, gibt es in Mülheim das U25-Haus, getragen von der Sozialagentur. Deren Leiter Klaus Konietzka berichtet, sie hätten 2015 erstmals einen Elterninformationsabend angeboten. Themen waren: der Ausbildungsmarkt sowie Bildung und Teilhabe. Das Team freute sich über rege Beteiligung. Noch im Juni soll es eine weitere Veranstaltung für Mütter und Väter von Realschülern in den Abschlussklassen geben, nach den Sommerferien werde die Reihe fortgesetzt.
Dass in vielen Familien Informationslücken bestehen, so Konietzka, habe eine eigene Umfrage an Mülheimer Haupt- und Gesamtschulen gezeigt: „Wir haben festgestellt, dass die Berufsbilder vor allem bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund überwiegend von den Eltern geprägt werden, nicht von professionellen Beratern.“ Doch die Erziehungsberechtigten seien, was Ausbildung und Arbeitsmarkt in Deutschland anbelangt, oft nicht auf dem aktuellen Stand.
Auch gemeinsame Informationsveranstaltungen mit örtlichen Moscheevereinen habe es bereits gegeben. Deren Vertreter können mit den U25-Beratern Termine vereinbaren, „und das“, so Konietzka, „wird auch wahrgenommen“.