Mülheim. . Die Agentur für Arbeit veröffentlicht zum Bewerbungsendspurt Zahlen und wünscht sich von Jugendlichen mehr Flexibilität. Noch sind 418 Stellen unbesetzt.

Auf den ersten Blick passt alles prima: 426 junge Mülheimer suchen derzeit noch eine Ausbildungsstelle. Dem stehen 418 unbesetzte Stellen in Mülheimer Unternehmen gegenüber. Kommt in etwa hin, möchte man meinen – besonders, da sich Angebot und Nachfrage auch auf den zweiten Blick ergänzen. So möchten Jugendliche in der Stadt am liebsten Kaufleute und Verkäufer werden, und in eben diesen Bereichen wird noch kräftig gesucht. Dennoch kommen beide Seiten nicht richtig zusammen, wie die Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim nun berichtet. Der Grund dafür liegt im Detail.

Die Klassiker gehören seit vielen Jahren den Top Zehn an: Kaufleute für Büromanagement, KFZ-Mechatroniker, Arzthelferin und Verkäufer sind etwa darunter. „Die Wunschberufe sind relativ starr“, sagt Katja Hübner, Pressesprecherin der Arbeitsagentur, wobei sie die Mülheimer Favoritenliste wegen ihrer Vielseitigkeit lobt. Immerhin sei ein breites Spektrum vertreten, Kaufmännisches wie Handwerkliches. Doch zeigt eben diese wenig überraschende Bestenliste dennoch das Dilemma. „Es gibt über 350 Ausbildungsberufe“, weiß Katja Hübner – und trotzdem fällt die Wahl der meisten Jugendlichen immer wieder auf dieselbe Handvoll.

In Jobfamilien gucken

„Flexibilität“ ist da der Appell, den auch Jürgen Koch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim, wieder und wieder an Ausbildungsplatzsuchende richtet. Dabei gehe es nicht darum, sich in verschiedenen Bereichen zu bewerben, eigene Neigungen zu ignorieren, sondern schlicht, wie Katja Hübner sagt, „nach links und rechts, in Jobfamilien zu gucken“. Denn gerade das ist das Problem: Die Mülheimer möchten Bürokaufleute werden (16 Jungen und 17 Mädchen suchen noch), doch freie Stellen gibt es als Einzelhandelskaufleute (22 Stück). Jugendliche bewerben sich als Verkäufer im Bekleidungs- und Elektronikgeschäft (10 Jungen, 16 Mädchen), während in Supermärkten und Bäckereien die meisten Stellen unbesetzt bleiben (35). Hinter der Wursttheke, so scheint es, möchte niemand stehen – und dann noch bis 21 Uhr am Samstag.

Doch die heiße Phase startet jetzt. Am Mittwoch hatte die Agentur für Arbeit Mülheimer, Oberhausener und Essener zur Last-Minute-Börse eingeladen, um angehende Azubis und Arbeitgeber zusammenzubringen. „Natürlich trifft der Arbeitgeber immer die letzte Entscheidung“, sagt Katja Hübner, lobt die Mülheimer Unternehmer aber, konnten im vergangenen Jahr doch 1014 freie Ausbildungsstellen eingeworben werden. 138 mehr als im Vorjahr. Auch der Appell in die Arbeitgeber-Richtung – „nicht nur auf die Noten, sondern auch auf den Menschen“ zu gucken – ist seit Jahren derselbe und werde immer öfter gehört. „Wir sind da in Mülheim auf einem guten Weg.“

490 junge Menschen versorgt

Insgesamt 916 Ausbildungsstellenbewerber aus Mülheim haben sich seit 1. Oktober 2015 bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit beraten lassen; 23 mehr als im Vorjahr.

Mit einem Ausbildungsplatz, Studium oder sonstiger Alternative versorgt sind bisher 490 junge Menschen. Die derzeit unversorgten 426 Bewerber sind 39 weniger als im Vorjahr.