Mülheim. Viele Jugendliche entscheiden sich immer noch für ein Studium oder die Ausbildungsklassiker – dabei bietet eine Lehre in der Metall- oder Elektroindustrie gute Chancen
Polizist statt Industriemechaniker, Bankkauffrau statt Mechatronikerin – den Ausbildungsberufen in der Metall- und Elektroindustrie fehlt der Nachwuchs. Die Folgen machen sich bei einem Branchenriesen wie Siemens allerdings noch nicht so bemerkbar wie in den mittelständischen Unternehmen.
Joalina (14) möchte Apothekerin werden, Margherita (14) schwebt eine Karriere als Bankkauffrau vor und Tunahans (15) Traumberuf ist Architekt. „Viele Jugendliche entscheiden sich immer noch für das Studium oder einige Ausbildungsklassiker – obwohl eine Ausbildung in den technischen Berufen eine gute Perspektive gibt“, erklärt Elisabeth Schulte, Geschäftsführerin beim Unternehmerverband Soziale Dienste und Bildung. Seine 107 freien Ausbildungsstellen hat Siemens in Mülheim für dieses Jahr noch problemlos besetzen können. Allerdings wirbt das Großunternehmen auch intensiv für seine Ausbildung. „Der Mittelstand hat jedoch Probleme. Es gibt in der Branche einen Fachkräftemangel“, bestätigt Schulte. Deshalb parkte gestern der High-Tech-Informationsbus vor der Siemens Lehrwerkstatt, um den Achtklässlern der Realschule Mellinghofer Straße das Berufsfeld Metall/Elektro vorzustellen.
Aufstiegschancen sind gegeben
Unter Anleitung programmiert Tunahan eine Miniatur-Aufzuganlage. Und Lea (14) gibt auf einem Computerbildschirm ihren Namen ein, den eine CNC Maschine wenig später ins Metall fräst. „Mittlerweile sind fast alle Arbeitsbereiche automatisiert. Dementsprechend wert- und anspruchsvoll sind nun auch die Ausbildungsberufe“, erklärt Holger Kuik, stellvertretender Ausbildungsleiter bei Siemens. Den klassischen Schlosser gibt es kaum noch. Im Ausbildungsportfolio von Siemens befinden sich unter anderem die Berufe Industriemechaniker, Zerspanungsmechaniker, Technischer Produktdesigner oder Werkstoffprüfer. Die Perspektiven in diesen Tätigkeitsbereichen seien sehr gut – auch ohne akademischen Abschluss. „Viele Werkleiter bei uns waren nicht auf der Uni“, nennt Kuik ein Beispiel.
Lehrerin Julia Reimus ist froh, dass ihre Schüler vier Stunden lang in das (bislang) eher unbekannte Berufsfeld reinschnuppern können. „Es ist wichtig, dass sie sich selbst ein Bild machen. Viele haben zunächst einmal das Abitur im Kopf. Dabei würden auch viele Gründe für eine Ausbildung sprechen“, erklärt sie. Joalina hat der Vormittag gefallen, ihr Berufswunsch aber bleibt bestehen: „Es war sehr interessant. Aber für mich ist das nichts. Das ist mir alles zu technisch“, sagt sie.
Anders sieht das bei Tunahan aus: „Die Aufgaben des Zerspanungsmechanikers sind spannend. Alles ist sehr modern und wird per Computer gesteuert. Das wäre schon eine Option für mich.“