Mülheim. Awo legt Jahresbericht 2015 vor. 516 Menschen suchten das Drogenhilfezentrum auf. Das ist ein Ansteig von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Neu gegründet wird jetzt eine Selbsthilfegruppe für Angehörige

Wenn Menschen illegale Drogen nehmen, dann haben auch ihre Angehörigen oft große Probleme. Von den 159 Personen, die im Jahre 2015 das Angebot der Drogenberatungsstelle der Awo aufsuchten, waren 43 Familienmitglieder von Suchtkranken. „Häufig wurden wir gefragt, ob es in Mülheim nicht eine Angehörigen-Gruppe gebe“, berichtet Jasmin Sprünken, kommissarische Leiterin des Drogenhilfezentrums an der Gerichtsstraße.

Deshalb habe man die Initiative ergriffen und zusammen mit dem Selbsthilfe-Büro eine solche Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen. Nun können sich Interessierte melden, die sich ein Mal im Monat mit Leidensgenossen treffen wollen. „Dabei geht es ganz sicher auch um die Frage ,Was kann ich für mich selber tun?’“, sagt Awo-Chef Lothar Fink.

Mehr Abhängige suchen Hilfezentrum auf

Die Zahl der Drogenabhängigen, die das Drogenhilfezentrum aufsuchten, ist in 2015 erstmals wieder merkbar gestiegen: 516 Kunden kamen vorbei, das sind cirka 10 Prozent mehr als in 2014. Ein Drittel dieser Abhängigen war weiblich (was auch dem Bundesdurchschnitt entspricht). Insgesamt 76 Personen wurden in eine Therapie vermittelt (ebenfalls ein Plus von 10 Prozent). 259 Kunden nahmen im Jahr 2015 an der Substitution teil und in diesem Rahmen auch das Angebot der psychosozialen Betreuung wahr. Das sind ebenfalls 10 Prozent mehr als im Vorjahr. „Dass wir einen solchen Anstieg an Kunden verzeichnen, muss aber nicht unbedingt heißen, dass es mehr Drogenabhängige in der Stadt gibt. Wir stellen auch fest, dass einfach mehr Leute besser Zugang zum Hilfesystem finden“, sagt Jasmin Sprünken.

Was die Statistik sonst noch zeigt

Einen festen Szenetreffpunkt gibt es nicht, die offene Szene hält sich an wechselnden Standorten auf im Bereich Nordbrücke, Georg-, Auerstraße.

Die Altersstruktur der Betroffenen sieht folgendermaßen aus: Der Großteil ist zwischen 21 und 49 Jahre alt, Leute unter 16 und über 60 kamen kaum.

Das Betreute Wohnen der Awo-Drogenhilfe nahmen 2015 genau 39 Personen in Anspruch. Acht
Kunden waren vor der Betreuung wohnungslos, nachher nur noch zwei.

Das „Café Light“, eine niederschwelliges Anlaufstelle für Drogensuchtkranke, verzeichnete 16.175 Kontakte, im Schnitt kamen täglich 67 Menschen vorbei. Als positiv hat sich laut Lothar Fink die Tatsache herausgestellt, dass im Café seit einiger Zeit auch Bier getrunken werden darf. „Es kamen mehr Leute her und sie verblieben länger. Hier bei uns kontrolliert Bier zu trinken ist besser, als draußen auf der Straße hochprozentigen Alkohol zu konsumieren“, so Sprünken.

Ähnlich gut werde auch der Spritzenautomat angenommen, der seit Dezember am Gebäude hängt. Dort können sich Betroffene mit sauberen Spritzen versorgen statt mit verschmutztem Besteck ihre Gesundheit zusätzlich zu gefährden.

Heroin ist noch immer die am meisten konsumierte illegale Substanz (drei bis vier Mal so viel wie andere Drogen), der Anteil der Heroinkonsumenten hat sogar wieder leicht zugenommen. Seit 2010 kontinuierlich gefallen ist dagegen der Cannabis-Konsum, die Zahl der Kokain-Abhängigen ist seit Jahren etwa gleichbleibend und am niedrigsten. Kontinuierlich gestiegen ist der Gebrauch von Stimulanzien – etwa Amphetaminen.