Mülheim. Viele Jahre hat es gedauert, bis das Drogenhilfezentrum einen Spritzenautomaten aufstellen durfte. Zu festen Zeiten sind die Spritzen nun erhältlich.

Dass sich die Mitarbeiter des Drogenhilfezentrums der Awo so freuen, dass sie extra die Presse einladen, um den neuen „Spritzenautomaten“ vorzustellen, hat eine Vorgeschichte: 17 Jahre lang hat sich die Mülheimer Drogenhilfe darum bemüht, eine Genehmigung von verschiedenen Behörden zu bekommen, um einen solchen Automaten aufstellen zu dürfen. Denn an den Kosten liegt es nicht: Die Aids-Hilfe stellt den Automaten zur Verfügung, befüllt ihn und wartet ihn auch. Und das Geld, das die Konsumenten dort einwerfen, geht wieder für die Befüllung des Automaten an die Aids-Hilfe zurück.

Der Automat spuckt nach dem Einwurf von 50 Cent nicht nur saubere Spritzen und andere Utensilien wie Alufolien für den Konsum von Heroin oder Kokain aus, sondern auch Kondome samt Gleitmittel. Da mag mancherorts der Verdacht aufgekommen sein, hiermit werde der Konsum illegaler Drogen möglicherweise noch gefördert.

Spritzenautomatenprojekt dient der Vorsorge

Der Spritzenautomat wurde vor zwei Wochen aufgestellt und wird bereits gut genutzt. Das gilt auch für den Abwurfschacht für gebrauchte Materialien.

Während 2014 im Café Light 2001 Spritzen getauscht wurden, so waren es in den ersten elf Monaten von 2015 bereits 4597.

Das Spritzenautomatenprojekt „Safer Use“ der Aids-Hilfe NRW gibt es seit über 20 Jahren. Landesweit stehen über 100 Automaten zur Verfügung, als Vorsorge, um Infektionen mit HIV oder Hepatitis zu verhindern.

Der Hintergrund ist aber ein anderer, wie Jasmin Sprünken, die Leiterin des Drogenhilfezentrums, erklärt: Man will verhindern, dass sich Süchtige mit ansteckenden Krankheiten infizieren und mit dem Automaten eben auch jene Konsumenten ansprechen, die anonym bleiben wollen. Vielleicht, so die Hoffnung von Awo-Geschäftsführer Lothar Fink, finden diese Männer und Frauen dann doch mal den Weg ins Café Light, wo die Awo rund 80 bis 100 Abhängige betreut. Dort, im Café auf dem Hof des ehemaligen Frauengefängnisses an der Gerichtsstraße 11, kann man schon lange Spritzen tauschen, alt gegen neu, kostenlos.

Sucht gehorcht keinen Öffnungszeiten

„Das ist ja auch ein Ansatz, um zu verhindern, dass die Spritzen irgendwo in der Landschaft entsorgt werden“, erklärt Jasmin Sprünken. Aber diese Anlaufstelle ist eben nicht rund um die Uhr geöffnet. Und vier lange Tage, so wie jetzt am Weihnachtswochenende, kann Sucht nicht warten. Der Konsum findet rund um die Uhr statt, egal, ob das Spritzenbesteck steril ist oder schon mehrmals gebraucht wurde. „Wenn ich sehe, wie sich jemand das Wasser aus einer Pfütze auf seine Spritze zieht, kann ich mir denken, wohin das führt“, sagt Frau Sprünken.

Destilliertes Wasser führt der Automat übrigens auch in den „Safer-use“-Paketen, die auch Alkoholtupfer enthalten. Sprünken und ihre Kollegen wissen, dass das Außenstehenden nicht leicht zu vermitteln ist. Aber sie wissen auch, dass Angebote für Süchtige ganz unkompliziert und niedrigschwellig sein müssen, um mit den Konsumenten in Kontakt zu kommen und so möglicherweise an einer Veränderung der Suchtsituation arbeiten zu können.