Mülheim. . Stadt hatte in der denkmalgeschützten Siedlung den Bau von drei großen Gebäuden mit 55 Eigentumswohnungen genehmigt. Kläger sehen Nachbarschutz missachtet.

Der Plan einer Wittener Investorin, inmitten der denkmalgeschützten Siedlung auf der Heimaterde – zwischen Max-Halbach-, Felacker und Schwarzenbergstraße – drei Gebäude mit insgesamt 55 altengerechten Eigentumswohnungen, Tiefgaragen und weiteren Stellplätzen zu bauen, stößt in der Nachbarschaft auf Widerstand. Wohl drei Klagen gegen das Bauvorhaben werden das Verwaltungsgericht in Düsseldorf beschäftigen.

Wie berichtet, hat sich die Investorin beim Wohnungsunternehmen Immeo das Vorkaufsrecht für das Hinterland gesichert. Sie plant dort mittels einer Erschließung über die Max-Halbach-Straße drei zweigeschossige Wohngebäude mit Tiefgaragen zu errichten. 55 Eigentumswohnungen, 50 bis 100 Quadratmeter groß, sind zu 2950 Euro je Quadratmeter am Markt platziert. Die Vermarktung war zwischenzeitlich ausgesetzt, als Mülheims Politik Unmut äußerte zum Bauvorhaben.

An Ort und Stelle barrierefreier Mietraum

Zwar lässt der Bebauungsplan eine solche Bebauung grundsätzlich zu, doch hatte die Politik eben dies vor Jahren mit dem festen Versprechen von Immeo in Baurecht gegossen, an Ort und Stelle barrierefreien Mietraum zu schaffen, um älteren Heimaterdlern den Verbleib im angestammten Umfeld zu ermöglichen. Jetzt will Immeo mit dem qua Baurecht aufgewerteten Grundstück Kasse machen.

Ende Februar erteilte die Stadt der Investorin die Baugenehmigungen – doch drei Bürger aus dem Umfeld wollen die Pläne noch durchkreuzen. Am 18. März ging beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eine erste Klage von einem Nachbarn an der Felacker Straße ein, die darauf pocht, die Baugenehmigung wegen der Verletzung nachbarschützender Normen gerichtlich als unwirksam zu erklären. Dem Vernehmen nach geht es bei der Klage im Wesentlichen um eine vermeintliche Verletzung von Abstandsflächen, auch um eine inakzeptable Lärmbelastung. Eine weitere Klage eines Nachbarn von der Max-Halbach-Straße soll im Kern um ebensolche Argumente ranken. Immer geht es um den Nachbarschutz, auch mit Verweis auf den Denkmalschutz.

Bebauungsplan nichtöffentlich durchgewunken

Der dritte Kläger ist Frank Elberzhagen, der an der nahen Kleiststraße zu Hause ist. Er sagt: „Der Wert des Denkmalbereiches auf der Heimaterde wird durch das Bauprojekt herabgesetzt.“ Einerseits scheiterte er bei der Stadt aus denkmalrechtlichen Gründen selbst mit einem Bauantrag für ein gartenseitig verortetes Giebelfenster. Andererseits, so beklagt er, vertrete die Stadt beim aktuellen Großbauprojekt die Meinung, drei große Gebäude mit Tiefgarage ließen sich denkmalgerecht in die Siedlung integrieren. Da stimme doch die Relation nicht.

Elberzhagen stößt sich auch daran, dass Mülheims Planungspolitik für das Bauvorhaben in nicht-öffentlicher Sitzung Befreiungen vom Bebauungsplan durchgewunken habe, sieht darin einen Verstoß gegen die Gemeindeordnung, die hierfür eine öffentliche Behandlung vorsehe. Auch stört den Heimaterdler die zu erwartende höhere Verkehrs- und Lärmbelastung an der Kleiststraße. Hierzu habe schon in der Vergangenheit ein Lärmgutachten festgestellt, dass die zulässigen Werte überschritten seien. Auch den Schutz von Vögeln (Grünspecht) und Fledermäusen sieht Elberzhagen gefährdet.

Planungsamtsleiter Jürgen Liebich will sich im laufenden Verfahren nicht detailliert äußern zu Kritikpunkten, verwies aber darauf, dass „der Bebauungsplan eine rechtsverbindliche Grundlage für die Baugenehmigung ist“. Als das Baurecht seinerzeit geschaffen wurde, so Liebich, habe niemand der Nachbarn dagegen geklagt. Gleichwohl, betonte er, habe die Stadt die Nachbarschaft frühzeitig auf die nun erteilten Baugenehmigungen hingewiesen, um deren Rechtsposition zu verbessern und allen Beteiligten Rechtssicherheit zu geben.

Vermarktung wird nicht gestoppt

Wir haben eine vollzugsfähige Baugenehmigung“, sagt Dr. Christoph Klose von der Düsseldorfer Kanzlei RWP im Namen der Bauherrin. Die Klagen hätten keine aufschiebende Wirkung, diesbezüglich liege auch keine Anordnung des Verwaltungsgerichtes vor. „So sehen wir keine Veranlassung, die Vermarktung zu stoppen.“

Im Zweifel, so die Sicht auf Seiten der Investorin, müsse die Stadt als Genehmigungsbehörde für die Schäden aufkommen, sollten die Klagen der Anwohner Erfolg haben und die Baugenehmigungen vom Gericht einkassiert werden. Architekt Dieter Düster drückte gegenüber dieser Zeitung „völliges Unverständnis“ für die Form des Widerstandes aus der Nachbarschaft aus. Dass Gegner schon zweimal das Vermarktungsschild mit einem Banner „Klagen laufen“ überspannt hätten, „überschreitet schon Grenzen“, man vergreife sich am Eigentum anderer. Klaus Radtke, der das Projekt für die Investorin federführend begleitet, sagte: „Warum haben sich die Anwohner nicht 2009 gewehrt, als der Bebauungsplan aufgestellt worden ist?“

Der Bauträger verweist darauf, dass er Ende 2015 ausführlich mit Politik und Siedlervereinigung gesprochen habe. Selbst die Siedlervereinigung habe „ihren Frieden damit geschlossen“, so Düster. Er betonte, dass die Eigentumswohnungen gerade bei ehemaligen Heimaterdlern, die zurückkehren wollten, sehr gefragt seien.