Mülheim. Das jüngste Gutachten zum Ausstieg aus dem Flugbetrieb erntet keineswegs nur Lob. Das Netzwerk gegen Fluglärm spricht gar von Bankrotterklärung.

Das jüngste Gutachten zum Ausstieg aus dem Flugbetrieb, das die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Märkische Revision erstellt hat, stößt in der Stadt keineswegs auf breite Zustimmung. Im Gegenteil: Es hagelt zum Teil heftige Kritik. So spricht das Netzwerk gegen Fluglärm von einer politischen Bankrotterklärung: „Altbekannte, überholte Argumente aus den 90er Jahren werden in dem Gutachten wieder aufgerollt“, kritisiert Netzwerk-Sprecher Waldemar Nowak.

Zugleich widerspreche das aktuelle Gutachten, das aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht die Fortführung des Flugbetriebes bis 2034 bei einer optimierten Flughafengesellschaft vorschlägt, dem letzten Gutachten von Lenz & Johlen. Dies hatte einen vorzeitigen Ausstieg bei Errichtung eines Sonderlandeplatzes vorgeschlagen. „Die Märkische Revision ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, deren originäre Aufgabe es nicht ist, rechtliche Expertisen zu gesetzlichen Rahmenbedingungen des Flughafens zu erstellen“, sagt Nowak. Er warnt zudem vor hohen Millionen-Investitionen, die bei einem Weiterbetrieb in die Anlagen investiert werden müssten. Für das Netzwerk steht fest: „Es werden so lange Gutachten erstellt, bis die Minderheitenmeinung der SPD sich durchsetzt.“

Planungssicherheit für Unternehmen

Neben der FDP ist die SPD in Mülheim die einzige politische Kraft, die sich noch für den Erhalt des Flughafens einsetzt. Die FDP sieht in dem Gutachten, sollte dessen Umsetzung eine politische Mehrheit finden, vor allem einen großen Wert: „Es gibt mindestens bis 2024 Planungssicherheit für die ansässigen Unternehmen“, so Peter Beitz (FDP). Diesen Wert hebt auch die Wirtschaftsförderung hervor, die sich wie die IHK stets gegen eine voreilige Schließung des Flughafens ausgesprochen hat. Es sei gut, so Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier, dass sich die beiden Städte nun auf eine Zeitperspektive geeinigt haben, und dass gemeinsam ein Masterplan für das Areal entwickelt werden soll für die Zeit nach der Flughafen-Ära. „Wir brauchen auch die Jahre, um diese komplexen Planungen zur Nachfolgfolgenutzung umsetzen zu können.“

Bei der CDU, erklärte Flughafengegnerin, dominiert der Ärger. Zwar wurde die Fraktion wie alle anderen durch den Oberbürgermeister über das Gutachten informiert, doch das Papier in Gänze lag den Fraktionen noch nicht vor. „Über ungelegte Eier“, so Fraktionsgeschäftsführer Hansgeorg Schiemer, „reden wir erst einmal nicht.“

Zustimmung zum Masterplan

Etliche Fragen tun sich für die Grünen auf. „Die Sätze, die wir jetzt wieder hören, sind doch immer die gleichen“, bedauert Fraktionssprecher Tim Giesbert. Nach wie vor fehle jedoch die Antwort auf die Frage: Was muss die Stadt an Flughafen-Infrastruktur eigentlich für den Aeroclub bis 2034 vorhalten? Die Meinungen gehen auseinander und reichen von grüner Wiese bis zum Status quo. Im städtischen Rechtsamt jedenfalls ist man überzeugt, dass eine grüne Piste nicht ausreicht. Netzwerk-Sprecher Nowak hält die Frage längst durch ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf für geklärt: Piste reicht.

Für Lothar Reinhard (MBI) macht das neuerliche Gutachten überhaupt keinen Sinn: „Leichen lassen sich nun einmal nicht mehr beleben.“ Auch angesichts der Konkurrenz in Düsseldorf und auf der Schwarzen Heide habe Essen/Mülheim keine Chance, profitabler zu werden, wie es die Gutachter sehen.

Breite Zustimmung findet dagegen der Vorschlag, dass die beiden Städte bis 2018 einen Masterplan erstellen, wie das Gelände später einmal genutzt werden könnte. Das, so Giesbert, müsste unter großer Beteiligung der Bevölkerung erfolgen. Da widerspricht keiner.