Mülheim. Korruptionsverdacht: Eine Zuwendung der Mülheimer Immobilien-Größe Jochen Hoffmeister aus dem Feuerwachen-Deal geriet ins Visier der LKA-Ermittler.
Ende 2011 hat sich Mülheims Immobilien-Größe Jochen Hoffmeister geziert offenzulegen, wohin sein Spendenanteil aus dem millionenschweren, für die Stadt desaströsen Deal zur Broicher Hauptfeuerwache fließen würde. Jetzt taucht eine seiner damaligen Spenden in den Ermittlungen zum Mülheimer Korruptionsverdachtsfall rund um Heinz Rinas auf: 100.000 Euro von Hoffmeister gingen an die Mülheimer Seniorendienste.
Das Landeskriminalamt hatte offensichtlich großes Interesse zu erfahren, wofür Rinas die Hoffmeister-Spende verwendet hat. Die Ermittler schöpften in diesem Zusammenhang Betrugs- und Untreueverdacht.
SMW strich Millionen-Gewinn ein
Dies geht aus Dokumenten zum Ermittlungsverfahren hervor, die dieser Zeitung bekannt sind. Zunächst zurück: Nachdem Investor SMW (Sparkasse, Müheimer Wohnungsbau, Hoffmeister) mit dem Weiterverkauf der Feuerwache an einen Investmentfonds laut Recherchen dieser Zeitung einen Gewinn von 9,2 Millionen Euro eingestrichen und der Deal offengelegt hatte, dass die Stadt mit dem Bau- und Mietprojekt äußerst unwirtschaftlich unterwegs ist, hatte sich die SMW 2011 entschlossen, einen Teil des Gewinns zu spenden. Die Sparkasse führte 250.000 Euro ihrer Stiftung zu, der Mülheimer Wohnungsbau (MWB) wollte eine eigene Stiftung aus der Taufe heben und Hoffmeister an gemeinwohlorientierte Institutionen spenden.
Wie aus dem Ermittlungsverfahren zum Korruptionsverdachtsfall rund um Heinz Rinas hervorgeht, flossen 100.000 Euro an die Mülheimer Seniorendienste, bei denen Rinas seinerzeit als Geschäftsführer wirkte. Laut Zeugenaussagen in Vernehmungen des LKA soll Rinas dem Controlling bei der städtischen Beteiligungsholding diese Spende angezeigt und angekündigt haben, diese für die Förderung von Demenzkranken verwenden zu wollen. Ein damals bei den Seniorendiensten befristet angestellter Sozialwissenschaftler soll auf Anweisung von Rinas ein entsprechendes Konzept erstellt haben – unter Beteiligung von Erich Schützendorf, einem renommierten Vordenker der Altenpflegebranche.
Jenes Konzept zeigte nach Recherchen dieser Zeitung auf, wie viel Geld für welche Projektinhalte verausgabt werden sollte. So sollte ausgewähltes Fachpersonal der Seniorendienste gerontopsychiatrische Weiterbildungen absolvieren, für Alltagsbegleiter sollte ein Demenz-Expertenkurs gebucht werden. Unterschriftsreif soll ein Vertrag mit einem „Demenz-Clown“ gewesen sein, der mit Mitarbeitern in den Wohnbereichen trainieren sollte, schwierige Alltagssituationen mit Demenzkranken aufzulösen. Zwei Wohnbereichsleitungen waren vorgesehen für ein Coaching zur Entwicklung einer Spezialabteilung für Demenz. . .
Mit Spendengeld Fußpflege bezahlt
Gegen die 100.000-Euro-Spende sollen jedoch Unterlagen zufolge, die dieser Zeitung vorliegen, auch Rechnungen gebucht worden sein, die keinen Bezug zum Demenzprojekt hatten, etwa knapp 8000 Euro für die kostenlose Fußpflege für Bewohner, mit der die Seniorendienste offenbar das frisch sanierte Haus Kuhlendahl bewarben, oder für einen „Event-Wagen für Bewohnerfeste und Feiern“. Nicht nur der letztgenannte Verwendungszweck ließ die LKA-Ermittler hellhörig werden, landete schließlich in der Summe mehr als die Hälfte der üppigen Hoffmeister-Spende bei Personen, die im Ermittlungsfall als Verdächtige gelten oder einmal – als Ehefrau – einer verdächtigen Person nahestehen.
In einer Mail des damaligen Buchhalters der Seniorendienste an Geschäftsführer Rinas lässt sich ablesen, dass Rinas offensichtlich das Konzept zur Förderung Demenzkranker verworfen hatte und gegen die Hoffmeister-Spende buchen ließ, was sich gerade anbot: eine Rechnung der Awo, Rechnungen der Fußpflegerinnen oder einer Künstlerin. Und besser doch nicht die Rechnung über 42 363,64 Euro, die ein Berater gestellt hatte, mit dem Rinas schon während seiner Tätigkeit beim Alten- und Pflegeheim Deinerlinden in Einbeck geschäftlich zu tun hatte und dem er ohne Vergabeverfahren auch als Seniorendienste-Chef 160 000 Euro Umsatz ermöglicht haben soll. Jener Berater steht im Ermittlungsverfahren unter Verdacht, bei einer „Beauftragung unter Freunden“ Schein- oder zumindest überteuerte Rechnungen gestellt zu haben und sich damit womöglich des Betruges und der Beihilfe zur Untreue schuldig gemacht zu haben.
Intern muss es bei den Seniorendiensten wegen der Mittelverwendung zum Eklat gekommen sein.
Der Sozialwissenschaftler, der das Demenz-Konzept zur Hoffmeister-Spende erstellt hatte, soll sich in größerer Runde verärgert gezeigt haben, dass schon ein fünfstelliger Euro-Betrag an jenen Berater geflossen war, der eigentlich nur in geringerem Umfang für ein Coaching gebucht werden sollte. Er habe vergeblich Arbeitsnachweise des Beraters eingefordert und letztlich die Unterschrift zu Rechnungen verweigert, ist zu hören. Der Sozialwissenschaftler hat die Seniorendienste daraufhin gegen eine Abfindung vorzeitig verlassen.
Hoffmeister: Es gab keinen Verwendungszweck
Was weiß Spender Hoffmeister darüber, wofür das Geld ausgegeben worden ist?
In einer ersten Reaktion auf eine Anfrage dieser Zeitung sagte der Immobilien-Unternehmer, es habe seitens der Investoren-Gemeinschaft SMW keinerlei Vorgaben zur Verwendung der Spende gegeben. „Ich habe auch keine Ahnung, wie das Geld eingesetzt wurde“, so Hoffmeister. Wenn die Spende tatsächlich eingesetzt worden sei in einem strafbaren Zusammenhang, „wäre das natürlich nicht in unserem Sinne gewesen“.
MWB-Vorstand: Geld war für speziell ausgestattete Hütte
Hoffmeister bestritt die Höhe der Spendensumme dabei nicht, MWB-Vorstand Frank Esser schon. Er meldete sich zur Angelegenheit und sagte, der Spendenbeitrag für die Seniorendienste sei „viel niedriger gewesen“ als besagte 100 000 Euro, die allerdings auch im Ermittlungsverfahren als Fakt gelten. Mit der Spende, so Esser, sei eine speziell eingerichtete Hütte im Garten von Haus Kuhlendahl bezahlt worden. Eben aus diesem Anlass seien er selbst, Hoffmeister und SMW-Geschäftsführer Jürgen Steinmetz von Rinas im Sommer 2012 auch zu dessen Geburtstagsfeier mit finnischem Grilltag ans Haus Kuhlendahl eingeladen worden. Rinas steht im Zusammenhang mit jener Feier, die von der Küche der Seniorendienste begleitet wurde, wie berichtet unter Verdacht der Untreue, weil er die Kosten dafür möglicherweise nicht selbst getragen hat.
Doch zurück zur 100.000-Euro-Spende: Jürgen Steinmetz, als Vertreter des Mülheimer Wohnungsbaus zum SMW-Geschäftsführer bestimmt, gab auf Anfrage an, dass die Spende seines Wissens nach mit keinem Verwendungszweck verbunden war. Über das besagte Konzept zur Förderung Demenzkranker sei bei der SMW nichts bekannt, auch nichts zur tatsächlichen Verwendung. Rechtliche Schritte seien derzeit nicht in Betracht gezogen. „Mir liegt bisher kein Prüfauftrag der SMW-Gesellschafter (Sparkasse/MWB) vor“, so Steinmetz in seiner schriftlichen Stellungnahme.