Broich. . Eisenbahnfreunde wollen mit ihrem Werk in der Alten Dreherei etwas vom Flair der Fünfziger Jahre vermitteln. Im April soll die Strecke fertig sein.
Auf dem Bahnsteig stehen nur ein paar Figuren, essen Eis oder sitzen Zeitung blätternd in der Sonne. Man pflegt den Müßiggang und wartet – ja, auf was? Vielleicht auf den Zug. Auf dem Modellbahnhof von Herbert Tacke und seinen Kollegen ist jedenfalls nichts zu spüren von der heutigen Bahnsteighektik der Metropole Ruhr. Denn die drei Männer vom Verein Club der LGB-Freunde Rhein-Ruhr wollen etwas anderes vermitteln: das Flair der Fünfziger Jahre.
Die Atmosphäre der „guten alten“ Aufschwungzeit
Komprimiert auf 120 Quadratmetern soll diese Atmosphäre der „guten alten“ Aufschwungzeit demnächst in der ersten Etage der Alten Dreherei zu spüren sein. Seit der vergangenen Woche sind Tacke, Ralf Tauba und Holger Golombek damit beschäftigt, die Strecke mit gut 200 Metern Gleis, 50 Weichen, 300 Figuren, 350 LED-Leuchten im Maßstab 1 zu 22,5 mit allem drum und dran aufzubauen. Acht Dampfloks sollen später von A nach B oder sonst wohin tuckern, Geräuschkulisse inklusive. Am 9. April will man das fertige Modell feierlich präsentieren.
Bis dahin ist allerdings noch ‘ne Menge aufzustellen. Ein reales Vorbild für die Strecke existiert dabei nicht, vielmehr versammelt sich hier alles, was schön und schnuckelig ist – und was es real so gar nicht mehr gibt: ein fünfgleisiger Personenbahnhof mit gemütlichem Kiosk, eine Güterhalle mit Stückgut und dreigleisigem Güterbahnhof, ein grüner VW-Polizeibus. „Das alles ist aufgrund der heutigen Schnelligkeit eher selten und nicht mehr profitabel“, meint Tacke.
Ein dampfendes Ungetüm
Viele Gebäude auf der Strecke haben die drei Clubmitglieder vom LGB mit umgebauten Standard-Häusern, Liebe zum Detail und viel Kreativität gestaltet. Es gibt ein Sägewerk und eine Mühle an einem Flusslauf. Ein kleines Dorfzentrum mit Fachwerkhäusern steht da, „weil ich es einfach schön fand“, zeigt der 71-Jährige mit einem Lächeln. Nicht wenige Modelle sind Unikate. So gibt es etwa eine Stabkirche, die den skandinavischen Vorbildern nachmodelliert wurde, ein Umspannwerk, eine Scheune, eine dreistöckige Brauerei - „da kann man drinnen den Sudkessel sehen“.
Männerdomäne Modellbahn? Zumindest die Optik kann Sabine Menke vom gastgebenden Verein Alte Dreherei begeistern: „Mir gefallen die Details drumherum, die Gebäude und Figuren, besonders die Bahnübergänge.“
Seine Faszination entdeckte Tacke vor Jahren, als er seinem Sohn zum Geburtstag eine Eisenbahn schenken wollte. Beim Sohn sprang der Funke nicht so recht über, Tacke aber brannte für das Hobby und schloss sich später dem Verein LGB Rhein-Ruhr an.
Das Bild der qualmenden Zechenbahn geht ihm seit früher Kindheit nicht aus dem Kopf, „ein dampfendes Ungetüm, damals war alles verrußt, man sehnte sich nach Sauberkeit“. Und doch will Tacke das Bild bewahren, zeigen, „damit das nicht verloren geht“.