Mülheim. . Die Zucht der Ringschlägertaube hat eine lange Tradition in Mülheim. In der Alten Dreherei haben Zuchtvereine eine große Kleintierschau gezeigt – und Modelleisenbahnfreunde ihr Können.
So wird es sich Martin Menke vom Trägerverein der Alten Dreherei vorgestellt haben, als er vom ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerk als künftigem „Haus der Vereine“ geträumt hat: Unterschiedlichste Kleintierzuchtvereine haben am Wochenende in den 2500 Quadratmeter großen Räumlichkeiten eine gemeinschaftliche Schau präsentiert. „Zum ersten Mal haben wir alle Vereine zusammenbekommen“, so Menke.
Zwischen kastanienbraunen Lothringern und rostfarbenen Welsumer-Hühnern war es ein Täubchen, das besonders Blicke auf sich zog: der Rheinische Ringschläger, im Umkreis von Mülheim früher „Wittköppe“ genannt – wegen seines auffällig weißen Hauptes. Der Kosename, er ist nicht die einzige Verbindung zur Stadt. Der Sonderverein der Züchter von Ringschlägertauben wurde 1921 in Mülheim gegründet, die Züchtung der Rasse fand hier also ihre Hochburg.
Sonderverein will Vögel wieder dorthin bringen, wo ihr Ursprung ist
Von diesem Ursprung möchte der heute bundesweit aktive Sonderverein etwas zurückholen: „Wir wollen die Tiere wieder da ansiedeln, wo sie ursprünglich herkommen“, so Vereinsmitglied Kristiaan Verdoodt. „Ein Sachse selektiert anders als ein Züchter aus dem Ruhrgebiet, die Zucht orientiert sich oft nach lokalen Geschmäckern.“ Und da der Ringschläger nun mal vom Mülheimer Geschmack geformt ist, soll er auch hierhin zurück. „Die Ringschläger haben ein mehr als überströmendes Temperament“, sagt Verdoodt. „In einer Mischhaltung würden anderen Rassen untergehen.“
Vor sieben Jahren begann das Engagement
Die Kleintierschau fand zum dritten Aktionswochenende statt, das immer am Ende des Jahres veranstaltet wird. Mit der Veranstaltung wollen die in der Dreherei aktiven Vereine auf ihre Aktivitäten aufmerksam machen.
Rund 20 Vereine planen ihre Aktivitäten inzwischen in der Dreherei – ob Spielzeugsammler oder Fotoclubs. Vor über sieben Jahren haben Bürger die Dreherei vor dem Abriss gerettet. Seitdem laufen Renovierung und Umbau.
Der Grund: das Balzverhalten der Tiere. Der Täuber fliegt im Kreis über der Täubin und beide schlagen dabei ihre Flügel zusammen – daher auch der Name der Rasse. Bevor sich Züchter in Mülheim zusammengeschlossen haben, sollen gar Wettkämpfe um den Vogel mit dem schönsten Balztanz ausgetragen worden sein: Eine paarige Täubin wurde auf den Dorfplatz gesetzt und der Täuber freigelassen. Der stürzte sich dann ringschlagend auf die Dame – oder ließ sich zum Ärgernis des Züchters auf dem Hausdach nieder.
Dickköpfige, lebendige Vögel
Dickköpfige Vögel also, aber auch voller Lebensenergie. Kurzum: besondere Tiere, von denen um die 80 Exemplare in der Dreherei zu sehen waren. „Die größte Ansammlung im Rheinland“, sagt Verdoodt. Die Dreherei biete ideale Bedingungen: „Die Luft und Größe sind perfekt für die Tiere, hier ist ein ähnliches Klima wie im Stall“, erklärt Martin Menke. Das zieht Züchter an - und lockt auch Tauben wie den Ringschläger zurück in die Stadt. Tiere, die zur Geschichte Mülheims gehören.
Das Modellbau-Paradies
Natur und Technik gehen in der Alten Dreherei schon seit dem 1. Aktionstag eine Symbiose ein, auch an diesem Wochenende: Neben den Kleintiervereinen präsentierten die Modellbahnfreunde in einer Führung neue Miniaturgleise. Dabei wollen sie stets ein Stück Mülheimer Geschichte hochleben lassen: Etwa zeigt ein Modell, wie Feldbahnen früher eingesetzt wurden, um Sand für Filterbecken an der Ruhr umzuschichten.
Mit seiner Modelleisenbahn-Leidenschaft hat Martin Menke vom Trägerverein noch eine Menge vor: Im Obergeschoss der Dreherei entsteht eine Fachbibliothek. Eisenbahn-Fans sollen dort unter anderem auf ein umfassendes Archiv von Fachmagazinen zugreifen können. Im anliegenden Seminarraum sollen „Bastelseminare“ stattfinden. Dabei sollen auch eigene Modellsätze zum Einsatz kommen: von der Deutz-Diesellok, die auf dem Vereinsgelände im Original zu sehen ist, hat der Verein etwa einen eigenen Bausatz entwickelt.
Die Tagungs- und Sozialräume fertig zu renovieren, hat der Verein als eines der Hauptziele für 2016 festgelegt. Ansonsten möchten Menke und seine Vereinsfreunde den Hallenfußboden neu legen. „Es sollen auch zwei Gleise gelegt werden, um beim Oldtimertreffen am 3. Juni alte Straßenbahnen präsentieren zu können“, so Menke. Weitere Baustellen fürs nächste Jahr: die Toilettenanlagen und das Großprojekt Lokrichthalle.
Wer bei den Restaurierungsarbeiten mithelfen will: Donnerstags und samstags (10 bis 14 Uhr) sowie dienstags (zusätzlich von 17 bis 20 Uhr) sind Menke und Co. am Werk. Am 17. Dezember ist der letzte Arbeitstag des Jahres, direkt weiter geht es am 5. Januar.