Mülheim. Jedes alte Foto ist ein Dokument der Ortsgeschichte, egal was es zeigt. Tausende bewundern den „Schienenzeppelin“ bei seiner flotten Fahrt durch Mülheim.
Es scheint doch noch alte Bilder zu geben, die die Mülheimer nicht gleich einordnen können. So sieht es – bisher – beim Foto von Hans-Günter Lohkamp aus der vorigen Folge aus. Auf diesem Zeitdokument war eine Beerdigung mit vielen Menschen in Naziuniformen auf dem Hauptfriedhof zu sehen. Weil die Trauergemeinde groß war, vermutet Lohkamp, der oder die Verstorbene musste eine bekannte Persönlichkeit gewesen sein. Darauf gab es nur eine Reaktion.
„Ein Bild aus alter Zeit und man denkt, es muss eine Persönlichkeit in Mülheim gewesen sein wegen der Uniformen. Vorne die Fahne mit Hakenkreuz. Wie naiv muss man sein, da von eventueller Persönlichkeit zu sprechen. Sollten Verbrecher aus der NS-Zeit gesucht werden, dann könnte ich es verstehen, solch ein Foto zu veröffentlichen“, schickt Werner Müller seine Meinung dazu.
Der Redaktion geht es beim Abbilden solcher Zeitdokumente keinesfalls um Verherrlichung einer schlimmen Zeit, sondern um bewusste Auseinandersetzung mit der Ortsgeschichte. Nicht Verdrängen, sondern Klärung ist dabei erwünscht. Vielleicht haben sich daher Leser nicht getraut, etwas zu dieser Beerdigung mitzuteilen, weil sie Angst haben, von anderen in die falsche Ecke gestellt zu werden. Auch das soll vermieden werden.
Ihre Erinnerungen und alten Fotos sind gefragt
Wer Erinnerungen oder Hinweise zu den gezeigten Bildern hat, schickt sie an die WAZ-Lokalredeaktion, Eppinghofer Straße 1-3, 45468 Mülheim. Auch Ihre E-Mails sind erwünscht: an die Adresse:
redaktion.muelheim@waz.de
Ihre alten Fotoschätze schicken Sie ebenfalls per E-Mail an die Redaktion oder bringen diese vorbei. Ihre Bilder werden in der WAZ veröffentlicht. Andere Leser können vielleicht bei der zeitlichen Einordnung helfen.
Zum „Schienenzeppelin“ hat Klaus Sinsbeck zahlreiche Quellen ausgewertet. Er war auf Werbefahrt durch das Ruhrgebiet am 28. Juni 1931. An der Strecke standen Tausende, um das Ereignis zu erleben. Wilhelm Langnick hat den damals futuristischen Triebwagen fotografiert – „auf dem Streckenabschnitt zwischen Mülheim (Ruhr)-Eppinghofen (heute Mülheim Hbf) und Heißen, an der Brückstraße“, erläutert Sinsbeck. „Der Triebwagen fährt auf der ehem. Bergisch-Märkischen Eisenbahn (BME), die von Duisburg über Mülheim nach Essen führt. Dazu gehören die hinteren zwei der vier sichtbaren Gleise. Die vorderen beiden Gleise gehören zur Strecke der ehem. Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft (RE), die, von (Meerbusch-)Osterath über Duisburg-Hochfeld und Mülheim-Speldorf, Richtung Heißen und Essen-Nord weiterführt.“
Geschwindigkeitsrekord zwischen Hamburg und Berlin
Am 21. Juni 1931 hatte der Schienenzeppelin einen Geschwindigkeitsrekord zwischen Hamburg und Berlin erzielt: 157 km/h Reisegeschwindigkeit mit Höchstwert von 230,2 km/h. Das Fahrzeug wurde ausgiebig getestet und 1933 vom Propeller- auf konventionellen Antrieb umgebaut. „Es blieb ein Testfahrzeug. Das Einzelstück wurde im Frühjahr 1939 verschrottet“, schreibt Sinsbeck.
Was ist auf dem großen Bild oben zu sehen? Wer erinnert sich?
„An das Gelände zum Hof von Bauer Stockfisch kann ich mich gut erinnern, war es doch in den vierziger und fünfziger Jahren eine der besten Rodelbahnen in Broich, während der damals noch schneereichen Winter“, schreibt Gisela Kretschmar.
„Oben auf dem ,Berg’, im Bereich des heutigen Schulzentrums, begann die flotte Schlittenpartie. Sie endete ungefähr dort, wo jetzt Parkplatz und Wendebereich am Ende der Pestalozzistraße sind. Kurz vor dem Ende der Rodelbahn musste ein Engpass bewältigt werden, der sich durch Zaunenden von links und rechts ergab – etwa fünf Meter breit. Aber das machte uns Kindern großes Vergnügen, wenn drei oder vier Rodelschlitten nebeneinander gleichzeitig die enge Stelle zu passieren versuchten. Meistens endete das mit Karamboulagen. Die gehörten zum Spaß dazu, landeten doch alle im Schnee“, sagt Kretschmar.
Spielen verboten
An das Gebäude könne sie sich nicht erinnern, aber an die Ziegelei „mit den großen Brennofen an der Prinzess-Luise-Straße“. Im hinteren Teil waren durch den Aushub von Erde und Lehm „hohe Berge“ unterhalb des Kiebitzfelds entstanden. Dazwischen hatten sich einige tiefe Teiche gebildet. „Dort hin gingen meine Freundinnen und ich gerne, um an schönen Sommertagen unsere farbenfrohen Hornenten (keine Rasse, sondern das Material) darauf schwimmen zu lassen“, beschreibt die Leserin.
Da die Erdhänge steil ins Wasser fielen, war Unbefugten das Betreten des Geländes verboten. „Schon gar nicht durften wir dort spielen. Wenn ich dann mit nassen Schuhen nach Hause kam, musste ich mir mühsam eine Erklärung für meine Eltern ausdenken. Zum Glück gab es im Hof des Elternhauses meiner Freundin eine Regentonne, die dann immer für eine Erklärung herhalten musste“, schmunzelt Kretschmar heute.
Schräg gegenüber des Stuperthofes (Stockfisch) stand an der Kreuzung Holz-/ Prinzess-Luise-Straße die Gaststätte „Leichenhalle“ (an der anderen Straßenecke beginnt der Broicher Friedhof), weiß Peter Klevers. Er hat auf dem Gemälde von M. Gebauer daneben das Gasthaus Wertgen erkannt, „wie sie noch in den 1960er Jahren dort standen“. Das Bild aus dem Jahr 1941 hatte uns für die vorherige Folge sein ehemaliger Klassenkamerad Theo Hütten geschickt.