Mülheim. Bürger überlassen Stadtarchiv Erinnerungsstücke und Programme. Sie vervollständigen die örtliche Kinogeschichte. Spannende Erzählungen.

Geht es um alte Dokumente oder Zeitzeugen aus bedrucktem Papier, so gehören viele Mülheimer zu ihren Sammlern. Andere finden in Nachlässen ihrer Vorfahren häufig Dinge, die ihnen nicht mehr wichtig erscheinen. Aber gerade diese unscheinbaren Hinweise sind wichtige Stücke, um das Puzzle der örtlichen Vergangenheit zu vervollständigen. So geschah es auch nach unseren Fragen zur Mülheimer Kinogeschichte. Die Mitarbeiter des Mülheimer Stadtarchivs haben dazu innerhalb weniger Wochen wertvolle Dokumente, Spielprogramme oder Bilder erhalten. Sie bedanken sich für diese Schätze.

„Zahlreiche Zeitungsleser haben nach dem Artikel und unserer Bitte mit einem Anruf oder per E-Mail reagiert“, sagt Jens Roepstorff vom Stadtarchiv. „Viele Anrufer haben auch darauf hingewiesen, dass es in den Stadtteilen noch weitere Kinos gab, die im Text vom 21. Januar nicht genannt worden waren.“ Das ist korrekt. Andere berichteten von ihren eigenen Kino-Erinnerungen in einer Zeit, als das Fernsehen noch nicht präsent war und auch sonst die Auswahl an Freizeitvergnügungen überschaubar.

Ein „sehr gut“ eingeheimst

Die 1950er Jahre standen bei den persönlichen Erinnerungen der Leser im Vordergrund, als die ersten „Sandalenfilme“ wie „Quo Vadis“ oder „Das Gewand“ über die Leinwand flimmerten. „Ein Leser berichtete uns, dass er einen Schulaufsatz über den zuletzt gesehenen Kinofilm schreiben sollte, kurzerhand einfach die Inhaltsangabe aus dem Programmheft abschrieb und dafür ein ,sehr gut’ einheimste“, teilt Jens Roepstorff mit. Der Programmheftschreiber war wohl ein Könner. Andere Leser erinnern sich im Stadtarchiv an ungepolsterte Klappsitze und Eintrittspreise von 50 bis 60 Pfennig. Heute sind solche Preise undenkbar.

Besondere Kinofotos und Unterlagen an das Stadtarchiv

Unterlagen zum Löwenhof (er wurde 1946 eröffnet), dem Kino am Kassenberg und anderen Mülheimer Lichtspielhäusern haben die Leser dem Stadtarchiv zur Archivierung und Aufbewahrung für die Nachwelt überlassen.

Nach der Restaurierung der Stücke (in einigen wenigen Fällen erforderlich) und der Einarbeitung in die Archivbestände stehen diese Unterlagen dann für jeden zur Einsicht bereit. Einige Lücken der Kinogeschichte sind geschlossen.

Wer noch Unterlagen oder auch besondere Fotos hat, kann diese im Haus der Geschichte zu den Öffnungszeiten bei Jens Roepstorff abgeben. Er ist zu erreichen 455 42 62 oder über jens.roepstorff@muelheim-ruhr.de.

Oft trafen sich die Jungs mit ihrer Freundin in der Flohkiste. So nannte der Volksmund die Kinos in den Stadtteilen. Ein junges, flirtendes Paar traf dort auch einmal den Vater des Jungen. Der hatte ebenfalls seine Freundin ins Kino eingeladen. Seit dem Abspann verband beide Männer ein Geheimnis.

Programmhefte aus den 1950er Jahren

„Zum Film konnte man fast immer ein Programmheft erwerben, dass unter dem Titel ,Die Filmbühne’ erschien“, berichtet der Stadtarchivar. „Das Sammeln dieser Programme war äußerst populär – meist von den Filmen, die man selbst gesehen hatte. Das galt aber auch für Filme, die man selbst nicht besuchen durfte, weil sie nicht jugendfrei waren. Viele dieser Programmhefte aus den 1950er Jahren haben die Mülheimer uns angeboten“, bedankt sich Jens Roepstorff. Sie fanden so ihren Weg in die Sammlungen des Stadtarchivs.

Die Archivare bedanken sich herzlich bei allen Lesern, die die Bestände des Stadtarchivs mit ihren alten „Schätzchen“ bereichert haben. Bei einem Besuch können sie diese bald wieder betrachten.