Mülheim. Parteimitglieder berichten angesichts der Flüchtlingskrise von Resignation. Viele beurteilen die Stimmung deutlich kritischer als die Vorsitzende
Für Geduld plädiert die CDU-Kreisvorsitzende Astrid Timmermann-Fechter angesichts der Flüchtlingskrise und wirbt für Vertrauen. Eine schlechte Stimmung an der Basis spürt sie nicht. Dort selbst wird es zunehmend anders gesehen: „An der Parteibasis rumort es ganz stark“, sagt etwa der Vorsitzende des größten Ortsverbandes, Saarn, Frank Wagner. Von einer „aufgewühlten Stimmung“, spricht Markus Püll, der den Ortsverband Mitte leitet. Und Heiko Hendriks, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der CDU Broich, macht gar eine gewisse Resignation und Ohnmacht an der Basis aus.
„Die Stimmung insgesamt ist kritisch“, sagt Hendriks. Es beunruhige zunehmend die Mitglieder, dass keine Lösung des Flüchtlingsproblems in Sicht sei. Auch wenn die Partei vom christlichen Gedanken getrieben sei, wächst aus Sicht des Landtagsabgeordneten die Sorge vor einer Überforderung. „Es sind weniger individuelle Sorgen als vielmehr gesellschaftliche: Werden die Stadt, die Helfer, die Infrastruktur überfordert?“ Es gebe eine Angst vor einem Staatsversagen, meint Hendriks und betont: „Ich kenne keinen, der etwa Verständnis dafür hat, dass Hunderttausende Flüchtlinge ohne Registrierung in unser Land gelassen wurden.“
Abwenden von der CDU an der Basis
Die Stimmung, schildert Wagner, sei schlecht geworden. Er registriert auch ein Abwenden von der CDU an der Basis. „Das sind dann meist keine, die zur AfD wechseln, das sind Menschen, die politisch heimatlos werden.“ Viele, so Wagner, ärgerten sich, dass für das Flüchtlingsproblem plötzlich ein Haufen Geld da ist, aber auf der anderen Seite für lokale Aufgaben und Projekte schon 10.000 Euro nicht zu bekommen seien.
Alle Meinungen sind derzeit in der CDU irgendwie vertreten. Typisch Volkspartei, sagt Frank Blum, junger Ratsherr aus Saarn, und betont, dass dies eine Volkspartei auch aushalten müsse. Er selbst gehört zu denen, die den Merkel-Kurs sehr kritisch sehen: „Ich habe schwerste Bedenken, dass wir das schaffen werden“, sagt er – es sei denn: „Wir stellen wieder Recht her.“ Es geht für ihn auch um das Recht der Bevölkerung, dass der Staat und die Infrastruktur funktionieren und dass europäisches Recht eingehalten wird. Derzeit sehe er eher chaotische Zustände, die sich Deutschland selbst eingebrockt habe, unter anderem weil man Massen ohne Registrierung ins Land gelassen habe. Blum wünscht sich auch mehr Ehrlichkeit: „Die Menschen haben immer zu hören bekommen, dass kein Geld da ist, jetzt ist es plötzlich da.“
Ungewissheit beunruhigt
Ein positiveres Stimmungsbild zeichnet Bernd Dickmann, Ortsverbandsvorsitzender von Speldorf, nach: „Sorgen ja, aber wir sind weit davon entfernt, dass die Stimmung kippen könnte.“ Was die Mitglieder vor allem beunruhigt, ist aus seiner Sicht die Ungewissheit: Wie viele Menschen kommen noch nach Mülheim? Sind es bald 4000 oder 8000? Und was dann? Auf nichts könne man sich einstellen. „Viele der älteren Mitglieder sagten allerdings: Bleibt locker! Wir haben doch selbst so ähnliche Zeiten mitgemacht.“ Dickmann sieht noch viel Vertrauen in die Parteispitze.
Das hat auch Markus Püll, der dem Ortsverband Stadtmitte vorsteht. „Wir haben jetzt 70 Jahre Frieden und Freiheit erlebt, daraus sollten wir alle Kraft ziehen.“ Jenen, die die Kanzlerin immer wieder kritisieren, sagt er: „Wer hält den Laden denn noch zusammen? Wer soll denn Europa organisieren?“ Einen offenen, ehrlichen Umgang fordert Püll – auch mit den „Gästen“: „Wir sollten ihnen Aufgaben geben. Die Stadt sollte überlegen, wo sie die jungen Menschen einsetzen kann.“ Püll schlägt die Grünpflege vor.