Mülheim. . Astrid Timmermann-Fechter sieht die Stimmung in ihrer Partei angesichts der Flüchtlingskrise keineswegs „unterirdisch“ wie manche ihrer Kollegen.

Die CDU verliert immer weiter an Zustimmung, die Kanzlerin erst recht. Die Unzufriedenheit mit der Flüchtlingspolitik nimmt zu, die Sorge, dass die Partei Schaden nimmt, ebenso. Bei vielen sinkt zudem die Hoffnung, dass es eine baldige Wende geben könnte. Mancher verlässt auch die Partei aus Enttäuschung.

Frau Timmermann-Fechter, einige Ihrer Kollegen im Bundestag beschreiben die Stimmung an der Parteibasis als unterirdisch. Wie fällt Ihre Bewertung aus?

Timmermann-Fechter: Wir erleben zurzeit eine Stimmung, wie sie typisch ist für eine Volkspartei. Sie ist keinesfalls unterirdisch in Mülheim. Ich war unter anderem jetzt auf dem Jahresempfang der CDU-Saarn, unser größter Ortsverein. Da treffe ich Mitglieder, die besorgt sind, die Angst haben, dass ihre Heimat bald nicht mehr Deutschland ist, sondern Europa. Es gibt Mitglieder, die einfach noch viele Fragen zu dem haben, was wir in Berlin beschlossen haben; es gibt Mitglieder, den geht alles nicht schnell genug. Die Mehrzahl unserer Mitglieder, wie ich es vor Ort erlebe, ist jedoch nach wie vor überzeugt, dass die Herausforderung bewältigt wird.

Findet der Kurs der Kanzlerin an der Basis noch breite Zustimmung?

Ich spüre, dass es bei der CDU Mülheim ein großes Vertrauen nach wie vor in die Bundeskanzlerin gibt.

In der Bundestagsfraktion gibt es etliche Kritiker am Kurs der Kanzlerin. Gehören Sie dazu?

Ich stehe hinter Frau Merkel. Sie macht einen guten Job. Ich sehe, dass sie jeden Tag mit unglaublicher Kraft und Anstrengung an Lösungen arbeitet. Wir müssen Geduld haben. Die Flüchtlingskrise lässt sich nun mal nicht schnell lösen. Es gibt auch für mich nur eine europäische Lösung. Mit Druck kommen wir in der Sache nicht weiter. Ich bin überzeugt, dass wir auf einen richtigen Weg sind.

Was macht Sie so zuversichtlich?

Wir haben jetzt mit dem Asylpaket 2 wichtige Entscheidungen getroffen, die Wirkung zeigen werden. Ich halte etwa die Flüchtlingsausweise für eine gute Sache, oder auch den Datenaustausch zwischen den Ländern, ebenso die Einrichtung von Aufnahmezentren. Warum soll ein Flüchtling von Bayern noch nach Mülheim geschickt werden, wenn er ohnehin nicht hier bleiben darf? Vielleicht müsste die CDU öfters Zwischenergebnisse präsentieren. Was wir nicht dürfen ist, politische Entscheidungen abhängig von Stimmungen oder Umfragen machen. Wer von einer politischen Entscheidung überzeugt ist, muss daran konsequent arbeiten – unabhängig von Umfragewerten.

Aber das öffentliche Echo kann Ihnen doch nicht egal sein?

Natürlich wäre es uns allen in der CDU lieber, wenn wir positive Rückmeldungen bekämen.

In der Nachbarstadt Essen führt die Flüchtlingskrise und ihre Behandlung vor Ort zur Spaltung der Ortsvereine ihres Koalitionspartners SPD. Halten Sie eine solche Spaltung auch in der CDU Mülheim für möglich?

Nein, auch wenn man die Sorgen in den Stadtteilen ernst nehmen sollte. Ich führe viele Gespräche. Ich setze mich mit jedem Ortsvereinsvorstand zusammen, nehme an Fraktionssitzungen teil, suche den Bürgerdialog – immer mit dem Ziel, darüber aufzuklären, welche Anstrengungen in Berlin unternommen werden. Und auch dabei werbe ich für Geduld.