Mülheim. . Im Rahmen der Aktionstage „Feiern statt Reihern“ erfuhren Mülheimer Realschüler, was ein Filmriss bedeutet.

Karnevalsveranstaltungen gehen häufig mit hohen Promillewerten einher und können durchaus bitter enden. Um vor allem Jugendliche frühzeitig zu schulen, was Risiken und Nebenwirkungen des Alkoholkonsums angeht, finden in Mülheim regelmäßig Aktionstage unter dem närrischen Motto „Feiern statt Reihern“ statt.

„Wir machen dies bereits im zwölften Jahr“, berichtet Andrea Joachim, Mitarbeiterin des städtischen Gesundheitsamtes. Anfangs habe sich auch der Hauptausschuss des hiesigen Karnevals an der Kampagne beteiligt.

Persönliche Erfahrungsberichte der Jugendlichen

Vergangene Woche war Andrea Joachim in der Realschule an der Mellinghofer Straße zu Gast, beladen mit Infomaterial, bestückt mit einer ausgesuchten DVD. Für die Teenager-Klassen 9c und 9d stand eine pädagogisch begleitete Filmvorführung auf dem Programm. Laut Stundenplan hätten sie Religion oder praktische Philosophie gehabt. Statt dessen nahmen die 14- bis 16-Jährigen an einem Angebot zur Suchtvorbeugung teil.

„Wir haben Klassen ausgesucht, bei denen wir glauben, dass Alkohol schon ein Thema ist“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Grit Freiberg-Scheidt. Wie mancher persönliche Erfahrungsbericht der Jugendlichen zeigt, liegt sie mit dieser Einschätzung durchaus richtig.

"Filmriss", der Spielfilm

Vor rund 50 Mädchen und Jungs läuft im abgedunkelten Raum zunächst „Filmriss“: ein dreiviertelstündiger Spielfilm, der sich um zwei grundverschiedene Cliquen, einen liebestrunkenen Jungen, um Mithaltenwollen und böses Erwachen dreht. Deklariert als Unterrichtsmaterial, ist der Krimi spannender, als man vielleicht vermutet.

„Hat mir gut gefallen“, sagt nachher ein 15-Jähriger, und andere nicken. „Weil er zeigt, wie gefährlich Alkohol ist.“

Wie viel in welchem Drink steckt, kann jeder ausrechnen, erklärt Andrea Joachim, Fachfrau für Gesundheitsförderung. Sie teilt Infoblätter aus, die sogar eine Mathe-Aufgabe enthalten: Wie viel Promille hat Conny, der Junge aus dem Lehrfilm, im Blut, nachdem er im „Koma-Club“ sechs Tequilas kippte?

Energydrinks auch nicht unproblematisch

Als sie letztens auf Klassenfahrt waren, berichten mehrere Jugendliche, habe es auch Ärger um Getränke gegeben. Um alkoholfreie: Manche deckten sich im Supermarkt maßlos mit Energy-Drinks ein, „ein Mädchen kaufte sogar 24 Dosen“, die von den Lehrern beschlagnahmt wurden. Was in diesen süßen Wachmachern steckt, erläutert Andrea Joachim vor dem Plenum. Es sind Koffeinbomben, und „man kauft sehr viel Zucker für sein Geld“.

Doch auch die Aufklärung in punkto Alkohol kommt bei den Neuntklässlern nicht zu früh. Von einem Silvestererlebnis erzählt eine 15-Jährige am Rande der Veranstaltung in kleinerer Runde: Sie war auf einer Party, bei der es Wodka und andere harte Sachen gab. „Die Mutter eines Mädchens hat alles für uns besorgt, was wir wollten. Wir sind einfach in den Supermarkt gegangen, haben die Flaschen in den Einkaufswagen gelegt, und sie hat dann bezahlt. . .“

Anti-Alkohol-Aktionen vor Rosenmontag

Seit mehr als zehn Jahren finden vor Karneval die Aktionstage „Feiern statt Reihern“ in Mülheim statt, diesmal vom 20. Januar bis zum 4. Februar.

Organisiert werden sie vom Arbeitskreis Suchtvorbeugung, in dem das städtische Jugendamt, das Gesundheitsamt, die ginko Stiftung, Guttempler, Polizei und das Ordnungsamt mitwirken.

Jeweils am Montag vor Rosenmontag läuft ein Aktionstag mit Schülerinnen und Schülern im Medienhaus. Auch Elternabende, ein „Alk-Parcours“ und pädagogische Fortbildungen gehören zum Programm. Schirmherr des Projektes ist Oberbürgermeister Ulrich Scholten.