Mülheim. . Die Befürworter des Müga-Standortes werten das Aus für die Umzugspläne ins Stadtquartier nur als Teilerfolg, da die Sanierung nicht in trockenen Tüchern ist.
Sie sendeten am Dienstagabend aus dem Hotel Handelshof das klare Signal Richtung Entscheider in Verwaltung und Politik: Wir werden gewappnet sein für den Fall, dass ein Umzug der VHS noch einmal Thema werden sollte. Die Bürgerinitiative „Erhalt der VHS in der Müga“ sieht für sich eine breite Unterstützung aus der Bürgerschaft, um etwaige neue Umzugspläne notfalls mit einem Bürgerbegehren zu torpedieren.
Obwohl die Stadtspitze dem Umzug ins geplante Stadtquartier Schloßstraße Ende vergangener Woche kurzerhand den Riegel vorgeschoben hatte, weil ihr das Mietpreisangebot von Investor AIP – in Rede waren 15,03 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter – nicht wirtschaftlich erschien, hatte die Bürgerinitiative an ihrer Versammlung festgehalten. Nur musste sie nun nicht mehr darüber diskutieren, wie ein Ratsbeschluss schnellstmöglich mit einem Bürgerbegehren gekontert werden könnte. Eher ging es darum, für den Fall der Fälle, dass Pläne etwa für den Umzug aufs Baufeld 3/4 von Ruhrbania geschmiedet werden, im Netzwerk reaktionsfähig zu bleiben.
Als Überraschungsgast auf dem Podium bot die BI den ehemaligen Leiter der städtischen Denkmalbehörde, Erich Bocklenberg, auf. Dieser unterstrich „als Bürger“, dass er das VHS-Gebäude absolut als denkmalwürdig ansieht. „Ich war immer begeistert von der Atmosphäre dort“, sagte er und verwies auf die Festschrift zur Eröffnung der VHS im Jahr 1975. Dort sei nachzulesen, dass Mülheims Politik sich damals ganz bewusst für den Standort in der Müga entschieden habe, im Ensemble mit Schloss und Stadthalle. „Für die VHS“, so Bocklenberg, sei der „Ort ganz entscheidend“. Der Architekt habe „mit sehr eleganter und ausdrucksstarker Handschrift“ darauf aufgebaut und habe ein Gebäude erschaffen, dass auch heute noch in seiner Funktionalität kompatibel sei mit einem modernen Anspruch der Erwachsenenbildung. Es tauge mit Forum und Aufenthaltsbereichen als Ort der Begegnung. „Das ist erhaltenswert, das ist schützenswert.“
Kritik über gesellschaftspolitische Fragen
Von mehreren Beteiligten der Versammlung, die von Unterstützern aus MBI, Linke und WIR AUS Mülheim geprägt war, kam Kritik daran auf, dass gesellschaftspolitische Fragen insgesamt zu sehr unter das Primat der Kostenfrage gestellt würden. Mülheim habe schon die Jugendherberge für Investoren geopfert, ebenso die Ruhranlagen, die Stadtbücherei, das Stadtbad – zu sehr würden die Interessen von Investoren bedient. Dabei komme die Stadt stets mit dem gleichen „Totschlagargument“: Städtische Gebäude seien nur mit ungerechtfertigt hohem Aufwand zu sanieren – dabei, so die Kritiker, habe die Stadt selbst den hohen Sanierungsstau, das Herunterwirtschaften von Bürgereigentum, zu verantworten.
Der Bedeutungszuwachs der VHS für die Integration der Flüchtlinge sei ein weiteres Argument, die VHS in der Müga zu halten und nicht räumlich zu beschneiden. Die klare Forderung an die Verwaltung lautete, die Kalkulation für eine Sanierung nun endlich öffentlich zu machen – und dann aber auch zu sanieren. „Wir brauchen keine Luxussanierung“, erntete Cevat Bicici von WIR AUS Mülheim viel Applaus für seine Sichtweise, die Sanierung werde keine 16 Millionen Euro kosten müssen. „Diese Volkshochschule“, sagte Lothar Reinhard (MBI), „lassen wir uns nicht wegnehmen.“
Förderverein begrüßt Entscheidung
„Die Entscheidung, dass die VHS nicht ins neue Stadtquartier Schloßstraße ziehen wird, begrüßen wir“, sagt Sibylle Wellfonder, erste Vorsitzende des Initiativ- und Fördervereins der Volkshochschule. Denn das gebe den Mitarbeitern der VHS – sowohl den festangestellten als auch den freiberuflichen Dozenten – fürs Erste mehr Sicherheit für ihre Zukunft. „Gleiches gilt im übrigen für die Teilnehmer, unter denen sich auch Verunsicherung breit gemacht hat darüber, wo künftig ihre Kurse stattfinden“, sagt die Vorsitzende des Fördervereins der VHS. Sibylle Wellfonder, selbst als Kursleiterin tätig, hält zudem das bestehende Gebäude an der Bergstraße für besonders geeignet: „Es ist für die Erwachsenenbildung gemacht. Die offenen Flächen kann man gut für Gruppenarbeit nutzen, zudem ist die Ausstattung da, die man braucht.“ Auch – und gerade – für Integrationskurse sei die bestehende VHS gut geeignet, sagt die Fördervereinsvorsitzende. Nun gelte es die Ratsentscheidung abzuwarten.