Mülheim. . Jörg Reimann kümmert sich seit 25 Jahren in der Stadt um die Unterbringung von Asylbewerbern. Die ausgewogene Verteilung der Menschen ist ihm wichtig.

Seit 25 Jahren kümmert sich Jörg Reimann um die Unterbringung von Asylbewerbern. Als er 1990 diesen Job beim Sozialamt übernimmt, kommen die meisten Flüchtlinge aus dem zerfallenen Jugoslawien, dessen neue Staaten mehrere Kriege gegeneinander führen, nach Mülheim. Der gelernte Bau- und Kunstschlosser springt 1990 ins kalte Wasser, wächst mit seiner Aufgabe.

„Ich kannte im Lauf der Zeit jeden, weil alle bei mir in die Sprechstunde kamen und ich sie in den Unterkünften besucht habe. Heute ist das unmöglich. Bei wöchentlich etwa 100 neuen Personen kann man das nicht mehr leisten“, beschreibt Reimann die Unterschiede.

Reimann: Willkommenskultur weiter pflegen

Er und seine Kollegen stehen dafür, „die Willkommenskultur weiter zu pflegen. Aber im letzten Jahr sind wir dabei an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen.“ Menschen wegverwalten wie am Fließband ist nicht seine Sache. „Nur wenn wir uns ordentlich um die Leute kümmern, können wir auch deren Integration ermöglichen.“ Aus diesem Satz sprechen 25 Jahre Erfahrung, Überzeugung und Mut. „Wir hatten in Mülheim immer schon Asylbewerber. Diejenigen, die bleiben konnten und eine Arbeit gefunden haben, wohnen noch hier, andere haben sich woanders eine neue Existenz aufgebaut.“

Wer kommt in welche Unterkunft? Wer passt dort zu wem? Welche Familie braucht eine größere Bleibe? Wo gibt es Beschwerden? Mit diesen und weiteren Fragen befasst sich Jörg Reimann täglich. „Er hat dafür wirklich ein gutes Händchen, alles zu regeln“, schätzen Kollegen seinen Einsatz. „Wenn ich mit den Leuten spreche, kann ich auch sagen, wo sie untergebracht werden. Es kommt stets auf eine ausgewogene Verteilung an. Verschiedene Nationalitäten kommen schon miteinander aus“, sagt Reimann. „Und dazu muss ich noch die ganzen Meldepapiere für die Ausländerbehörde und die Sozialleistungen bearbeiten.“

Zwei neue Kolleginnen

Er ist daher erleichtert, dass jetzt zwei neue Kolleginnen mit ihm diese Aufgaben erledigen. Im vergangenen Jahr ist Zahl der Unterkünfte erheblich gestiegen. „Früher gab es sechs Hausmeister. Heute sind es 19. Hinzu kommen die vielen Wohnungen, die uns die Wohnungsgesellschaften und wenige Privatpersonen zur Verfügung stellen. Wir sind auch für Nachbarn die Ansprechpartner, wenn es im Hausflur nicht so gut läuft“, erläutert Reimann. Die Betreuung von Flüchtlingen sei ein weites, von menschlichen Befindlichkeiten geprägtes Feld.

Daher wünscht sich Jörg Reimann für die kommenden Monate wieder mehr Zeit, „damit ich wieder vor Ort sein kann. Unsere Hausmeister brauchen ebenso unsere Unterstützung, wenn sie eine Entscheidung, beispielsweise über Ruhe- oder Waschzeiten, durchsetzen müssen.“ Reimann sieht sich dort ebenso als Helfer in der Pflicht. „Denn alle kommen zu mir in die Sprechstunde, um sich zu beschweren.“ Mit mehr Einblick und Erfahrung könne er auch ausgewogener Situationen ändern.

Selbstständig ihren Weg finden

Manchmal habe er auch danebengelegen. „Dann muss man das korrigieren und Leute umquartieren.“ Habe eine Familie jedoch Aussicht auf Bleiberecht, versucht Reimann, eine Wohnung zu besorgen, wo sie länger bleiben kann. Kinder sollten nicht oft die Schule wechseln. Daher steht für Reimann fest: Die großen Unterkünfte können nur eine Übergangslösung sein, „ohne die es zurzeit aber nicht geht“.

Der Einsatz der ehrenamtlichen Helfer sei äußerst wertvoll. Aber Flüchtlinge sollten sich nicht daran gewöhnen, sondern möglichst bald selbstständig ihren Weg in unsere Gesellschaft finden und deren Regeln achten.