Mülheim. . Ingrid Ketzer und Reinald Schnell von der BI „Erhalt unserer VHS“ hoffen, „dass das Mosaiksteinchen in der Kulturlandschaft“ nicht abgeschafft wird.
Eine Alternative zur derzeitigen VHS am Standort Bergstraße – dezentral oder im neu entstehenden Quartier auf dem ehemaligen Kaufhofgelände – ist für sie keine Option. Die Volkshochschule muss an ihrem jetzigen Standort bleiben, das fordern die Mitglieder der Bürgerinitiative „Erhalt unserer VHS in der Müga“, die sich vor gut einem Jahr im Zuge des möglichen Abrisses der VHS zugunsten einer Sparkassen-Akademie gegründet hatte.
Inge Ketzer und Reinald Schnell sind Mitstreiter und Sprecher der Initiative. „Das ist unsere VHS“, sagt Ketzer, „der Bürger hat sie bezahlt.“ Und Schnell, Künstler, Gewerkschafter und politischer Aktivist, betont: „Unsere Motivation geht über das Gebäude hinaus. Fiele es weg, würde ein Mosaiksteinchen in der Mülheimer Kulturlandschaft fehlen. Damit würde ein Teil unserer Identität zerstört.“
In den vergangenen Monaten haben sie einiges in Bewegung gesetzt
In den vergangenen Monaten haben sie einiges in Bewegung gesetzt, um ihrem Anliegen Aufmerksamkeit zu verschaffen. Haben eine Lichterkette vor der VHS organisiert, auf dem Rathausmarkt vor einer Etatsitzung des Stadtrats eine Kundgebung abgehalten, unterstützten die Unterschriftensammlung des Initiativ- und Fördervereins der Volkshochschule und haben vor allem immer wieder das Gespräch gesucht – mit den Bürgern, mit den Parteien und den Oberbürgermeister-Kandidaten. „Wie breit in der Bevölkerung über den Erhalt der VHS in der Müga diskutiert wird, stärkt unsere Position. Das zu zerreißen, was so verwurzelt ist, darin sehe ich eine Gefahr“, sagt Schnell (80).
Inge Ketzer, 67 Jahre alt und Rentnerin, schildert ihre persönliche Verbindung zur VHS: „Ich war schon als Jugendliche aktive Teilnehmerin, habe während meiner Lehre zur Rechtsanwaltsgehilfin dort Steno gelernt. Anfangs noch in Schulräumen, in Abendkursen an der Karl-Ziegler-Schule.“ Dann, als die neue VHS gebaut war, erinnert sich Ketzer, habe sie gedacht: „Dass ich jetzt in dieses schöne Haus gehen darf.“ Geblieben ist sie über lange Jahre, hat Englischkurse belegt, war Zuhörerin beim Mölmsch Platt und hat politische Veranstaltungen sowie Ausstellungen besucht. „Heute ist mir wichtig, dass dieses Gebäude an dieser Stelle bleibt. Es gehört zu unserer Heimat“, sagt sie.
„Kultur und Tradition müssen vermittelt werden“
Gerade vor dem Hintergrund des Zustroms der Flüchtlinge gewinne eine VHS noch mal an Bedeutung, skizziert Inge Ketzer. „Da geht es auch um gesellschaftliche Umbrüche. Kann ich die Sprache des anderen verstehen? Kultur und Tradition müssen vermittelt werden. Was jetzt vielleicht noch gegeneinander steht, muss zueinander finden“, führt Reinald Schnell aus.
Was die beiden Sprecher der Bürgerinitiative „Erhalt unserer VHS in der Müga“ zu dem Gedankenspiel führt, dass künftig unter Umständen noch mehr Bedarf an Bildung durch die VHS bestehen könne und daher die Räume im neuen Stadtquartier Schloßstraße zusätzlich gebraucht würden. Inge Ketzer führt die Idee weiter aus: „Warum nicht die Flüchtlingskinder in der VHS unterrichten?“ So liegt der Initiative zwar vorrangig der Erhalt der VHS an ihrem heutigen Standort am Herzen, aber mindestens genauso schauen sie auf die Weiterentwicklung der Einrichtung. Inge Ketzer sagt dazu: „Gerne würden wir auch über das Programm der VHS mitdiskutieren.“
Die nächste Weiche zur – räumlichen – Zukunft der VHS wird aller Voraussicht nach bei der nächsten Ratssitzung Ende Januar gestellt. Dann geht es um die mögliche Verlagerung der VHS ins Stadtquartier Schloßstraße. Die Politik stimmt über den Vorschlag der Stadtverwaltung ab, die Einrichtung ins neu entstehende Areal auf dem Kaufhofgelände zu verlagern. Sollte diese Option von Seiten der Politik befürwortet werden, strebt die Bürgerinitiative einen Bürgerentscheid an.