Mülheim. Als Ratgeber noch oft gefragt, muss Pfarrer Manfred von Schwartzenberg jedoch immer seltener die Beichte abnehmen - zu seinem großen Bedauern.

Wer katholisch getauft ist, sollte regelmäßig beichten, besonders vor hohen kirchlichen Feiertagen. Früher war dies üblich, weiß Pfarrer Manfred von Schwartzenberg, der 1971 zum Priester geweiht wurde, aus langer persönlicher Erfahrung. Heute ist der 71-Jährige nur noch selten als Beichtvater gefragt.

Wird der Beichtstuhl in Ihrer Kirche noch gelegentlich genutzt, oder parkt dort der Staubsauger?

Pfarrer von Schwartzenberg: Wir haben in der Kirche ein Beichtzimmer. Dort können die Leute selber entscheiden, ob sie niederknien und durch ein Gitter sprechen möchten oder durch die Tür gehen zum persönlichen Gespräch. Andere kommen in meine Wohnung.

Wie häufig geschieht das?

Von Schwartzenberg: Es sind nur noch ganz wenige Gläubige, die das in Anspruch nehmen, aber 20 im Jahr schon. Die regelmäßige, häufige Beichte der früheren Zeit gibt es nicht mehr.

Bedauern Sie das?

Von Schwartzenberg: Was ich nicht bedauere, ist, dass es kaum noch die Routinebeichte gibt. Was ich sehr bedauere: dass die Beichte als Sakrament, als Feier des Erbarmens und der Liebe Gottes, nicht mehr im Blick ist.

Als ich Kind war, musste man vor der Erstkommunion zur Beichte gehen. Es war Pflicht. Gilt das heute auch noch?

Von Schwartzenberg: Bei Kindern ist die Beichte immer noch Teil der Vorbereitung. Wir bieten zwei Termine unmittelbar vor der Erstkommunion an, im Rahmen eines Gespräches.

Haben sich die „Sünden“, die Drittklässler bekennen, im Laufe der Zeit geändert?

Von Schwartzenberg: Gar nicht so sehr. Ab und zu kommt der Computer ins Spiel.

Folgt das Bußsakrament einem festen Ablauf?

Von Schwartzenberg: Wichtig ist das Bekennen, das ehrliche Bereuen und die Bereitschaft, es besser zu machen. Viele sagen: Ich brauche die Beichte nicht. Ich mache das mit Gott im Wald aus. Wenn es ehrlich gemeint ist, okay.

Bitten die Beichtenden Sie oft um einen guten Rat?

Von Schwartzenberg: Gespräche, in denen Leute einen Lebensrat wünschen, finden häufiger statt. Das hat aber mit der Beichte nichts zu tun. Oft höre ich auch, was man Lebensbeichte nennt: Menschen überblicken einige Jahre und erkennen dann im Rückblick: Das war Sünde.

Gibt es bestimmte Anlässe für solche reuevolle Erkenntnis?

Von Schwartzenberg: Das ist unterschiedlich. Es kann sein, dass in der Partnerschaft etwas passiert, ein Sterbefall vorliegt, sich beruflich etwas verändert.

Wenn jemand sehr belastet wirkt, empfehlen Sie dann, sich anderswo professionelle Hilfe zu holen, etwa bei einem Therapeuten?

Von Schwartzenberg: Klar. Sicher.

Was ist für Sie Sünde?

Von Schwartzenberg: Die kann man ganz einfach definieren: Sünde ich schlicht und ergreifend bewusste Lieblosigkeit. Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus meiner Zeit als Militärpfarrer: Zwei Freunde hatten Nachtwache, haben „Django“ gespielt, wie im Western, und dabei hat einer den anderen versehentlich erschossen. Ich hatte dann die Eltern der beiden zum Gespräch bei mir. . .

. . . zum gemeinsamen Gespräch?

Von Schwartzenberg: Ja. Und am Ende konnten sich alle darauf einigen, dass etwas sehr, sehr Schlimmes passiert ist. Fahrlässig, vielleicht auch schuldhaft. Aber nichts Böses.

Infos zum Bußsakrament - Papst beichtet alle zwei bis drei Wochen 

Die Beichte ist eines der sieben Sakramente in der katholischen Kirche – neben der Taufe, Eucharistie, Firmung, Ehe, Weihe und Krankensalbung.

Nur ein Priester darf das Bußsakrament spenden, möglich ist dies allerdings an jedem beliebigen Ort. Der Geistliche ist zur absoluten Geheimhaltung dessen verpflichtet, was Beichtende ihm berichten. Vor Gericht darf er die Aussage verweigern.

Zur Eröffnung des „Heiligen Jahres der Barmherzigkeit“ am
8. Dezember 2015 forderte Papst Franziskus alle Katholiken zur regelmäßigen Beichte auf. Der Papst selber beichtet alle zwei bis drei Wochen bei einem Franziskanerpater, dies erklärte er kürzlich in einem Interview eines Radiosenders.