Mülheim. . Mülheimer Seniorendienste wollen das Seniorenheim bis Ende 2018 auf modernen Standard bringen.
Nach Haus Kuhlendahl soll nun das zweite städtische Seniorenwohnheim mit Millionenaufwand auf Vordermann gebracht werden: Wenn der Stadtrat das Bauprojekt am 10. Dezember freigibt, soll das Haus Auf dem Bruch für rund 13 Millionen Euro einer Radikalkur unterzogen werden.
Die volle Auslastung der 130 Wohnheim-Plätze liegt wohl eher im guten Ruf der Einrichtung begründet, sicher nicht im Raumprogramm, das Bewohnern hier in Oberdümpten geboten wird. Der überwiegende Teil der Bewohner lebt in Doppelzimmern, im Haus gibt es nur 26 Einzelzimmer. Pflegedienst-Leiterin Mira Neuhaus kennt die Konflikte nur zu gut, die auf beengtem Raum entstehen können. Gerade wenn zwei unterschiedlich fitte Menschen dort zusammen wohnen. . .
Neumann zeigt die engen Doppelzimmer. Ebenso, dass Bewohner vom Zimmer aus nicht direkt zur Toilette oder zum Waschen gelangen, sondern über den Flur müssen. „Hier müssen sich 33 Personen zwei Pflegebäder teilen.“
Einrichtung nicht mehr zeitgemäß
Die Senioreneinrichtung ist in zwei Bauabschnitten 1980 und 1987 entstanden. Zeitgemäß ist sie längst nicht mehr. Per Landesgesetz ist ohnehin gefordert, dass bis Mitte 2018 mindestens vier von fünf Zimmern Einzelzimmer sind. Jedes Zimmer soll zudem über einen Zugang zu einem eigenen Duschbad verfügen.
Da drängt die Zeit. Wenn der Stadtrat zustimmt, wollen die Mülheimer Seniorendienste (MHSD) das Modernisierungsprojekt alsbald angehen. In der ersten Bauphase soll zunächst der eingeschossige Bau, in dem heute die Verwaltung und im Keller früher mal eine Küche tätig war, abgerissen werden. Bis Frühjahr 2017, so hofft MHSD-Geschäftsführer Alexander Keppers, könnte dort ein fünfgeschossiger Neubau stehen, in dem neben der Zentralküche für alle drei städtischen Wohnheime 47 Einzelzimmer (mit jeweils rund 16 m2) mit je einem angeschlossenen Badezimmer Platz finden.
Eine Besonderheit wird es in Parterre geben. Dort soll ein Wohnbereich speziell für Menschen „mit herausforderndem Verhalten“ geschaffen werden. Nach dem Konzept von Prof. Erwin Böhm sollen dementiell veränderte Bewohner hier einen beschützten Bereich bekommen, der ihnen möglichst viel Selbstbestimmung lässt. „Wenn Frau Müller es gewohnt ist, den ganzen Tag im Morgenmantel herumzulaufen“, erklärt MHSD-Pflegemanagerin Yvonne Fragemann, „darf sie das.“
Keine Umzüge notwendig
Im Juni 2017 könnte der auf rund 18 Monate angesetzte Umbau der heutigen Wohnetagen starten. MHSD-Geschäftsführer Keppers verspricht Bewohnern, dass kein Umzug in die Einrichtungen an der Gracht oder am Kuhlendahl nötig sein wird. Mit „Salamitaktik“ werde man Etage für Etage auf modernen Standard bringen. Nach dem Umbau soll es auf jeder Etage nur noch ein Doppelzimmer geben – für Paare oder andere, die nicht allein sein mögen.
Im Erdgeschoss soll im Übrigen die MHSD-Verwaltung unterkommen, der Verwaltungssitz an der Gracht entfällt. Der Mehrzweckraum wird erweitert, damit etwa Weihnachtsfeiern für die Bewohner nicht mehr in zwei Räumen stattfinden müssen. Die Einrichtung will auch ihre engen Bande zum Stadtteil pflegen. Ob Bastel- oder Handwerksgruppe, ob Bürgertreff oder offener Mittagstisch – all das soll bleiben.
Drei Jahre werden sich Mitarbeiter und Bewohner mit der Baustelle arrangieren müssen. Pflegedienstleiterin Mira Neuhoff freut sich aber schon auf „eine ganz andere Atmosphäre“ danach. Nicht nur für die Bewohner, sondern auch für die Pflegekräfte, deren Alltag deutlich erleichtert werde.
Nächstes Großprojekt: Haus Gracht
Die gesetzlichen Vorgaben sind eindeutig: Bis Mitte 2018 müssen vollstationäre Pflegeeinrichtungen eine Einzelzimmerquote von mindestens 80 Prozent aufweisen und alle Zimmer darüber hinaus mit einem Duschbad ausgestattet sein. So werden die Mülheimer Seniorendienste (MHSD) absehbar auch im Haus Gracht investieren müssen.
Vorüberlegungen dazu laufen bereits, bestätigt MHSD-Geschäftsführer Alexander Keppers. Haus Gracht ist mit 168 Plätzen das größte der städtischen Seniorenwohnheime. Dass die Einrichtung aus den späten 1960er-Jahren in der Prioritätenliste der Modernisierung doch auf dem letzten Rang geführt wird, erklärt Keppers auch damit, dass dort schon relativ viele Einzelzimmer vorhanden sind (Quote: 76,2 Prozent). Gleichwohl verfügt auch hier keines der Zimmer über eine direkt zugängliche Nasszelle. Also gibt es auch hier gesetzlichen Handlungsdruck.
Laut Keppers gibt es mehrere Varianten, wie ein modernisiertes Haus Gracht in Zukunft aussehen könnte. Klar sei, dass jener hinten liegende Gebäudeteil, in dem aktuell auch die Hauptverwaltung untergebracht ist, auf den einzelnen Ebenen zu wenig Fläche biete, um das Haus nach einer Modernisierung wirtschaftlich betreiben zu können. Ein Anbau sei zwingend, eventuell gar ein kompletter Neubau. Alternative könnte sein, andernorts die Kapazitäten zu erweitern. . . Da, so Keppers, seien die Planungen noch nicht so weit.