Mülheim. . Die Schwankungen im Projektgeschäft von Europipe lassen die Chefetage darüber nachdenken, ob die Stammbelegschaft auf Dauer zu verkleinern ist.

Ob bei Europipe Personalabbau im großen Stil die Antwort auf die jüngst wiederkehrenden Auftragsflauten sein wird, ist nicht entschieden. Das unterstrichen am Montag im Gespräch mit dieser Zeitung der alte und der neue Chef der Mannesmannröhren Werke, Wolfgang Eging und Dr. Clemens Stewing.

Zuletzt hatte ein neuer Großauftrag für Europipe dafür gesorgt, dass Pläne zum Abbau von rund 200 Arbeitsplätzen schon zum Jahresende zumindest vorerst vom Tisch sind. 170.000 Tonnen Großrohre hat das Mülheimer Werk für die Trans-Adria-Pipeline zu produzieren. Der Auftrag, so Dr. Clemens Stewing als neuer geschäftsführender Vorstand der Mannesmannröhren Werke, bringe mit weiteren kleineren Bestellungen Beschäftigungssicherheit bis Februar.

Hoffen auf Zuschlag für großes Projekt in der Ostsee

Zugleich ist der Röhren-Chef „guter Hoffnung“, dass Europipe auch „einen Stück des Kuchens“ abbekommt, der als Auftrag für das riesige Pipeline-Projekt „North Stream II“ in der Ostsee zu vergeben ist. Beim Erstprojekt hatte Europipe die Hälfte des Auftragsvolumens an Land gezogen. Auch dieses Mal will der Weltmarktführer für geschweißte Großrohre mit seiner Referenz punkten, „große Mengen in kürzester Zeit und in exzellenter Qualität“ liefern zu können, wie es Stewing-Vorgänger Wolfgang Eging auf den Punkt bringt.

Der letzte Mannesmann geht

Mit Wolfgang Eging verlässt der letzte waschechte Mannesmann die Brücke der Röhrenwerke. 1973 trat er als Betriebswirt in die damalige Mannesmannröhren-Werke AG ein und durchlief dort mehrere Stationen. Den Konzern wechselte er während seiner 42-jährigen Karriere aber niemals.

2004 war Eging zum Vorstandsvorsitzenden des Röhrenherstellers aufgestiegen, der nach der Zerschlagung der Muttergesellschaft Mannesmann AG im Jahr 2000 für den symbolischen Preis von zwei Mark von der Salzgitter AG übernommen worden war. Mit fast 67 Jahren trat Eging nun in den Ruhestand, wird dem Unternehmen als Aufsichtsratsmitglied in einigen Tochterfirmen erhalten bleiben.

Dem Oberhausener Eging folgt der Dorstener Clemens Stewing. Der 52-Jährige führt jetzt die Mannesmannröhren-Werke GmbH als Führungsgesellschaft des Geschäftsbereichs Energie der Salzgitter AG. Seine berufliche Laufbahn begann der Jurist beim Stahl- und Anlagenkonzern Klöckner-Werke in Duisburg. Es folgten Stationen bei Hochtief und bei Energieversorgern. 2001 kam Stewing zu Salzgitter und war zuletzt Mitglied der Geschäftsführung der Hüttenwerke Krupp Mannesmann in Duisburg, die den Stahl für die Röhrenproduktion in Mülheim liefern.

An dem Stahlwerk mit Kokerei ist die Salzgitter AG mit 30 Prozent beteiligt.

Aber was kommt dann? „Es ist noch nichts in Sicht“, sagt Stewing. Die Perspektive reiche nicht, „um das Geschäftsmodell in dieser Größe dauerhaft zu betreiben“. Stewing blickt zur US-Tochter von Europipe, wo es „mit atemberaubender Flexibilität“ gelinge, auch in auftragsschwachen Jahren profitabel zu sein. Das könne auch für das Projektgeschäft im Mülheimer Werk Zukunft haben: Eine verkleinerte Stammbelegschaft produziere in der Grundlast, bei Großaufträgen werde diese mit externen Kräften verstärkt. „Das muss nicht Leiharbeit sein“, bleibt Stewing in dieser Frage aber vage.

Eging: „Potenziale sind da“

Ex-Röhrenchef Wolfgang Eging legt derweil Wert auf die Feststellung, dass ein Personalabbau nicht zwingend sei. 20 Millionen Kilometer Rohrleitungen seien derzeit weltweit in der Planung. „Potenziale sind da. Man muss den Kopf nicht in den Sand stecken“, sagt er. Problem nur, so Stewing: Der zersplitterte Weltmarkt kennt viele Konkurrenten, immensen Preisdruck und Überkapazitäten, Regionalmärkte außerhalb Europas, etwa in den USA und Osteuropa, sind abgeschottet, aufgrund des niedrigen Ölpreises werden Pipeline-Investitionen nach wie vor zurückhaltend angegangen. Kein leichtes Marktumfeld, in dem sich Europipe behaupten muss.