Mülheim. . Zwar sind die Mülheimer Ausbildungszahlen stabil, doch sieht Agentur-Chef Jürgen Koch mit Blick auf die Nachwuchs-Rekrutierung für Betriebe noch deutlich Luft nach oben.

Mit Sorge blicken hiesige Akteure auf das Ausbildungsjahr 2014/15. Zwar ist die Zahl der abgeschlossenen Verträge für die duale Berufsausbildung in Mülheim nahezu stabil, doch Agentur-Geschäftsführer Jürgen Koch mahnt mit Blick auf die Demografie: „Wöchentlich höre und lese ich von fehlendem Nachwuchs, ausgebildet wird aber von Jahr zu Jahr weniger.“

Für die Mülheimer Wirtschaft konstatiert Koch gar „eine brisante Negativentwicklung“ – mangelnder Ausbildungswille paare sich mit der Schieflage in fünf, sechs Großunternehmen. „Ich sorge mich mittlerweile sehr ausdrücklich um die berufliche Zukunft der jungen Menschen“, wählte Koch bei einer Bilanzpressekonferenz mit Partnern des Ausbildungskonsenses am Donnerstag ungewohnt deutliche Worte.

Handwerk bildet mehr aus, IHK-Betriebe weniger

Dabei sind die Zahlen auf den ersten Blick weniger erschreckend, weil stabil: IHK und Handwerkskammer registrieren für Mülheimer Betriebe in diesem Jahr 932 Ausbildungsverträge; das sind nur zwei weniger als im Vorjahr. Im Handwerk stieg die Zahl der Verträge dabei von 271 auf 286. Die IHK meldete 17 Stellen weniger.

Fachkräftemangel in kaum einem Ausbildungsberuf

Klagen über Fachkräftemangel und maue Ausbildungszahlen – wie passt das zusammen? Gar nicht, sagt Agentur-Chef Jürgen Koch. Bis auf wenige Ausnahmen (etwa Elektrotechnik) gebe es aktuell offenbar keinen Fachkräftemangel in den dualen Ausbildungsberufen.

Hans Michaelsen, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung bei der IHK, bestätigte das: „Wir haben im Kernruhrgebiet keinen flächendeckenden Fachkräftemangel. In Sauer- und Münsterland sehe das aber schon anders aus.

Doch Koch glaubt wie DGB-Regionalgeschäftsführer Dieter Hillebrand, dass sich heimische Betriebe mehr ins Zeug legen sollten, um Fachkräfte der Zukunft anzulernen. Hillebrand verwies auf eine Vereinbarung der NRW-Konsenspartner, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. Aktuell sei zu beklagen, dass jungen Menschen kein „auswahlfähiges Angebot“ zur Verfügung stehe, verwies er auf die Agentur-Zahlen. So standen 1155 Mülheimer Bewerbern, die die Agentur zur Vermittlung eingeschaltet hatten, in dem nun beendeten Ausbildungsjahr lediglich 1005 bei der Behörde geführte Stellen in Mülheim zur Verfügung.

Dass bis auf 58 Bewerber alle anderen als „versorgt“ gelten, hieße schließlich nicht, dass sie auch in dualer Ausbildung gelandet seien.

U25-Haus findet Wege für alle betreuten Jugendlichen

Für das U25-Haus der Mülheimer Sozialagentur kann Sozialamtsleiter Klaus Konietzka immerhin sagen, dass im fünften Jahr in Folge alle betreuten jungen Menschen wenn nicht in Ausbildung (80 %), so doch zumindest auf den Weg dorthin gebracht werden konnten, etwa mit Einstiegsqualifizierungen.

Mit Blick auf eine hauseigene Befragung unter Jugendlichen mahnt Konietzka an, Eltern als wichtigste Mittler beim Übergang ins Berufsleben in den Fokus zu nehmen, sie über neuere Entwicklungen in der Ausbildung zu informieren. Sie seien erste Ansprechpartner der jungen Menschen, weniger die Institutionen. Elisabeth Schulte vom Unternehmerverband beklagt weiter eine mangelnde Ausbildungsreife bei vielen Jugendlichen, IHK-Ausbildungsexperte Hans Michaelsen sieht mit Sorge, dass zunehmend Jugendliche ihr Heil in Abi und Studium suchen, obwohl sie in klassischer Ausbildung besser aufgehoben seien.