Mülheim. . Mülheimer Fabrikanten durften 1840 eine Handelskammer gründen. Diese beeinflusste das Leben der Bürger und war Keimzelle der heutigen IHK zu Essen.
Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist Mülheim eine aufstrebende Handelsstadt. Die Troostschen Textilfabriken geben den Ton an. Kohleförderung- und Handel, Kolonialwarentransporte und die Ruhrschifffahrt blühen. Gerberbetriebe entlang der Ruhr geben der Stadt ein neues Gesicht. Die Schwerindustrie steckt noch in den Anfängen. Einen Zusammenschluss der Betriebe in einer Kammer, die mit einer Stimme ihre Interessen vertritt, fordern daher zahlreiche Firmengründer.
„Die Handelskammer Mülheim an der Ruhr wird 1840 nach Anhörung und Zustimmung der Gewerbetreibenden durch königliches Statut errichtet. Ursprünglich will die Regierung in Düsseldorf eine Handelskammer für das ganze westliche Ruhrgebiet; da dies aber keine Unterstützung findet, befürwortet sie schließlich die Errichtung einer eigenen Handelskammer für Mülheim an der Ruhr.“
Fakten für das Zeitzeichen
Die Fakten hat Johannes Fricke vom Mülheimer Stadtarchiv für ein „Zeitzeichen“ zusammengetragen. Begründet wird dies mit der „starken wirtschaftlichen Entwicklung und der Erwartung, dass Mülheim bald Mittelpunkt des Handels und der Industrie des Kreises Duisburg sein würde“. Mülheim erfüllt diese Erwartung: Um 1840 führen die Troostschen Textilfabriken die Schar der örtlichen Unternehmen an. „So ist es kein Zufall, dass Johann Caspar Troost der erste Präsident der Mülheimer Handelskammer wird. Schon die Regierung geht davon aus, dass die Handelskammer ihn wählt und er diese wegen seiner ,bekannten Intelligenz’ gut leiten kann“, beschreibt Johannes Fricke die Stimmung dieser Zeit. Auf Troost folgen 1846 Hermann Heinrich von Eicken als Tabak- und Christian Coupienne als Lederfabrikant.
Aktien- und Bergbaugesellschaften sind zum Start nicht vertreten. Sie werden erst ab 1870 zugelassen. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sind die Befugnisse der Handelskammern beschränkt. Als beratendes Fachorgan kann es den Staatsbehörden seine Ansichten mitteilen. Die Geschäftsführung übernimmt ein städtischer Sekretär im Nebenamt, bis 1881 erstmals ein Sekretär angestellt wird. Die Geschäftsräume befinden sich jahrzehntelang im Rathaus.
Von Anfang an setzt sich die Mülheimer Handelskammer für die Interessen der örtlichen Wirtschaft ein. Dazu gehören etwa die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse durch den Bau von Straßen und Eisenbahnstrecken. Die Kammer fordert auch die Abschaffung von Schifffahrts- und Bergbauabgaben, äußert sich auch zu Fragen der Wirtschaftspolitik und beeinflusst so das Leben der Stadtbewohner.
Nach Bildung der Bürgermeisterei Oberhausen dehnt die Mülheimer Kammer ihre Zuständigkeit 1869 dort hin aus. Anfang des 20. Jahrhunderts trägt sie den Namen „Handelskammer Mülheim (Ruhr)-Oberhausen“. Trotz eines gewaltigen Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums wird Mülheim von anderen Städten des Ruhrgebiets überflügelt. Da der Wunsch nach größeren Handelskammerbezirken besteht, einigt man sich mit der Handelskammer Essen auf eine Zusammenlegung. „So entsteht Ende 1910 die heutige IHK für Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen zu Essen“, so Fricke.
Viele Veranstaltungen im Jubiläumsjahr
Ein Veranstaltungsreigen begleitet das Jubiläumsjahr der IHK. Das Handelsforum Ruhr mit dem Thema „Zukunft des Handels – Digitalisierung der Städte“ machte den Anfang. Der große Jubiläumsempfang ist für Samstag, 26. Oktober, in der Essener Philharmonie angesetzt. Das Datum ist mit Bedacht gewählt: Genau an diesem Tag vor 175 Jahren erging die „Königliche Cabinets-Order zur Errichtung einer Handelskammer der Stadt und Bürgermeisterei Mülheim an der Ruhr“.
Am 20. November folgt dann die Landesbestenehrung im Metronom-Theater Oberhausen, zu der mehr als 700 Teilnehmer aus ganz NRW geladen sind.
Mülheimer Firmen haben laut IHK-Statistik ein rund vier Prozent geringere Arbeitslosenquote als Essen und Oberhausen. Rund 33 600 Arbeitnehmer pendeln täglich zur Arbeit ein, etwa 31 400 haben einen Job außerhalb der Stadtgrenzen. Im produzierenden Gewerbe gehen Arbeitsplätze und Umsatz seit 2012 zurück.