Mülheim. In der Schule hat sich Rafael schwer getan. Weiterbringen soll ihn jetzt die „assistierte Ausbildung“.

Der Einstieg in eine Ausbildung, gerne auch „Ernst des Lebens“ genannt, ist gleichzeitig Bewährungsprobe und Chance. Für Rafael Andrysiewicz gilt das ganz besonders, denn der 20-Jährige hat schon mehrmals Anlauf genommen. Jetzt gerade wieder.

Bei der Feinblech-Schlosserei Balzer, einem Familienbetrieb im Mülheimer Hafengebiet, hat im August sein erstes Ausbildungsjahr begonnen. Konstruktionsmechaniker möchte Rafael werden. In der Produktionshalle entstehen Treppengeländer, Edelstahlschränke oder Zäune. Insgesamt zwölf Mitarbeiter beschäftigt die Firma, die vier Azubis schon mitgerechnet. Dass Rafael Andrysiewicz dabei ist, verdankt er einem neuen Projekt der Arbeitsagentur, „assistierte Ausbildung“ genannt.

Projekt „Betrieb und Schule“

Denn sein Lebenslauf, dies räumt auch Juniorchef Daniel Balzer ein, las sich „nicht gerade positiv“. Die Schwierigkeiten begannen in der fünften, sechsten Klasse. Nach einem einzigen Jahr auf der Gesamtschule („es gab Probleme, ich war zu hibbelig“) wechselte Rafael zur Hauptschule, zugleich hakte es zunehmend im Fach Mathematik, was ihn bis heute hartnäckig begleitet. Dennoch sei es „eigentlich ganz gut gelaufen“, so dass er den Hauptschulabschluss schaffte.

Nächste Station war das Projekt „Betrieb und Schule“: Rafael arbeitete in einer Schreinerei, mit mäßigem Erfolg: „Ich war im Holzbereich nicht so begabt, es ging mir nicht so leicht von der Hand, wie jetzt beim Metall.“ Doch bis zu dieser Erkenntnis probierte er sich noch als Dachdecker aus, wobei ihn seine Höhenangst hemmte, arbeitete als Praktikant im Lager sowie im Sanitär- und Heizungsbereich. Zu einem Ausbildungsvertrag langte es nirgendwo.

Man könnte den Mut verlieren. Aber Rafael Andrysiewicz, der übrigens fließend Polnisch spricht, dachte sich: „Wenn ich nichts mache, werde ich auch nichts.“ Über eine Einstiegsqualifizierung kam er 2014 in die Feinblech-Schlosserei. Nun hat dort seine „assistierte Ausbildung“ offiziell begonnen.

„Wirtschaft macht mir wirklich Spaß“

Damit er durchhält, wird er gefördert. Jeweils nach den Berufsschultagen fährt er nach Oberhausen, um zwei zusätzliche Stunden lang an seinen Schwachpunkten zu arbeiten, speziell Lücken in Mathe zu füllen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Anderes läuft leichter, sagt Rafael: „Wirtschaft macht mir wirklich Spaß.“

Sein Chef hat allen vier Azubis versprochen: „Mit einer Zwei in der Abschlussprüfung hast du den Job sicher.“ Dies gilt ausdrücklich auch für Rafael Andrysiewicz.

Unterstützung bei fachlichen und persönlichen Problemen

Die Assistierte Ausbildung (AsA), wie Rafael sie begonnen hat, wird seit diesem Jahr von den Arbeitsagenturen bundesweit angeboten. Mit dem Ziel, mehr betriebliche Ausbildungsplätze für benachteiligte Jugendliche zu schaffen, werden beide Seiten unterstützt.

In der Praxis sieht es so aus, dass die jungen Leute zusätzliche Förderung bekommen, in Form von fachlicher Nachhilfe und Prüfungsvorbereitung, aber auch durch sozialpädagogische Begleitung bei persönlichen Problemen.

Die Betriebe werden bei Organisation und Durchführung der Ausbildung unterstützt, speziell auch, wenn Schwierigkeiten auftreten. Die Kosten der assistierenden Maßnahmen trägt die Arbeitsagentur, außerdem zahlt sie einen Teil der Ausbildungsvergütung.

Kennzeichnend für das AsA-Modell ist, dass weitere Partner mitwirken: Für Mülheim und Oberhausen sind das Bildungszentrum des Handels e.V. und die SBH West GmbH damit betraut, sie stellen Personal und Räume. Für 15 Jugendliche werden kurzfristig noch Ausbildungstellen gesucht, in verschiedenen Bereichen. Interessierte Betriebe bekommen weitere Informationen bei der Arbeitsagentur unter der kostenlosen Hotline Tel. 0800-4555520.