Mülheim. . Seit 2008 wächst Mülheims Schuldenberg jährlich um etliche Millionen. Allein mit der Kernverwaltung steht die Stadt mit fast 1,4 Milliarden Euro in der Kreide.
Letztmalig verzeichnete die Stadt 2007 einen leichten Überschuss. Seither fallen Jahr für Jahr satte Defizite ins Gewicht. Eine Kehrtwende ist nicht in Sicht, auch wenn Haushaltssicherungskonzepte sie immer wieder – mehr theoretisch denn realistisch – skizzieren. Mit dem Jahresergebnis von neuerlich 113,1 Millionen Euro Defizit für 2014 hat allein Mülheims Kernverwaltung (ohne städtische Töchter und Beteiligungen) Verbindlichkeiten in Höhe von 1,359 Milliarden Euro angehäuft. Der Schuldenberg wächst 2015 weiter.
Soziales und Infrastruktur sind die Schuldentreiber
Die höchsten Defizite in der Kernverwaltung fuhren im Jahr 2014 – wenig überraschend – das Sozialamt (96,2 Millionen Euro) und der städtische Immobilienservice (55 Millionen Euro) ein. Darüber hinaus folgten in der Reihenfolge das Amt für Kinder, Jugend und Schule mit 37,2 Millionen Euro, die Betriebe der Stadt (Hafen, Ruhrschifffahrt, Tiefgaragen, Kraftwerk) mit 23,8 Millionen Euro und das Amt für Verkehrswesen und Tiefbau (Straßen, Brücken etc.) mit 20 Millionen Euro.
Chancen, die finanzielle Misere der Stadt abzumildern, sieht die Kämmerei insbesondere durch Hilfen von Bund und Land. Die Stadt fordert eine dritte Stufe im „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ der Landesregierung, auf die auch Mülheim aufspringen kann. Auch werde das Städte-Aktionsbündnis „Raus aus den Schulden“ weiter für Bundeshilfen kämpfen.
Eigenanstrengung soll nicht außen vor bleiben: Neben Vorschlägen aus der Kämmerei wird in naher Zukunft auch ein neuerlicher Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt NRW zu möglichen Haushaltseinsparungen in Mülheim Stellung beziehen.
Die grausige Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen und Sozialausgaben, der Verfall der RWE-Aktienwerte, ein teuer zu bezahlender ÖPNV-Sanierungsstau und, und, und – das seit Ende 2013 überschuldete Mülheim rutscht, einigen Gegenanstrengungen zum Trotz, im freien Fall immer weiter in die Miesen. Risiken bestehen fort, ganz aktuell wird die Stadt weit mehr Geld ausgeben müssen als geplant für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen.
Immerhin mehr Einnahmen bei der Gewerbesteuer
Nun zieht Kämmerer Uwe Bonan Bilanz für die erste Jahreshälfte 2015. Immerhin: Bei der Gewerbesteuer rechnet er mit einem Einnahmeplus von 11,2 Millionen Euro, nachdem in den vergangenen Jahren ein Tiefpunkt nach dem anderen erreicht wurde. Dem gegenüber stehen aber auch steigende Ausgaben, dickster Posten hierbei ist neben erheblichen Mehrkosten bei den stationären Jugendhilfen (+5,4 Millionen Euro) die Flüchtlingshilfe: Schon für die Zeit bis Ende Juni fehlten der Stadt hierfür rund 8,3 Millionen Euro, um die Kosten zu decken. Bonan rechnet, trotz jüngster Finanzzusagen des Bundes, eher noch mit weiteren Belastungen. Die Forderung der Kommunen nach voller Kostenerstattung durch den Bund für die aktuelle humanitäre Herausforderung ist noch nicht erhört.
Mit Blick auf das erste Halbjahr rechnet die Kämmerei aktuell damit, dass sich das ohnehin im Haushalt eingeplante Minus von 76,5 bis Ende Dezember noch einmal um gut 4 Millionen Euro erhöhen wird.
Risiken bestehen, wie gesagt, wegen der anhaltenden Flüchtlingszuzüge. Im Lagebericht zum aktuell von der Politik abzusegnenden Jahresabschluss 2014 benennt Bonan weiteren „erheblichen Sprengstoff für die Zukunft“: Zurzeit zahlt die Stadt für ihre Milliarden-Verschuldung nur Minizinsen. Steigen die Leitzinsen, kann das schnell Millionen kosten. Auch der weitere Ausbau der U3-Betreuung, der fortwährende Abwärtstrend bei den RWE-Aktien und die hohen Investitionserfordernisse einer in großem Ausmaß maroden Infrastruktur (Straßen, Brücken, ÖPNV) machen Bonan Sorgen.