Mülheim. Uwe Bonan bedauert, dass Beschlüsse immer wieder auf die lange Bank geschoben werden. Für ein weiteres Schwimmbad sieht er derzeit keine Chance.

Es gibt Spitzenplätze, auf die will keiner. Mülheim hat so einen: 8078,20 Euro je Einwohner beträgt die Schuldenlast, bei 1,34 Milliarden liegt die Gesamtverschuldung. Höhe wie Dynamik seien besorgniserregend, sagt Kämmerer Uwe Bonan und fordert Richtung Stadtpolitik mehr Mut zum Sparen: „Wir müssen unsere eigenen Konsolidierungsanstrengungen verstärken und beschleunigen.“

Zu viele Maßnahmen seien in die Zukunft verschoben, bedauert Bonan. Das gelte etwa auch für Steuererhöhungen. Schrittweise über Jahre verteilt hebt Mülheim die Grundsteuer an, die zurzeit bei 640 Prozentpunkten liegt. Zum Vergleich verweist der Kämmerer auf Duisburg, wo der Grundsteuerhebesatz bereits 855 Prozentpunkten beträgt. Dabei liege die Pro-Kopf-Verschuldung in Mülheim um 1500 Euro höher.

Mülheim überholt immer mehr Städte bei der Pro-Kopf-Verschuldung

Beim ÖPNV startet der Defizitabbau in Mülheim erst 2017. „Je länger wir mit dem Sparen warten, desto höher laufen die Schulden auf“, warnt Bonan und sieht mit Schrecken, dass Mülheim immer mehr Städte bei der Pro-Kopf-Verschuldung überholt.

Für den Kämmerer gehört Mülheim längst in einen Stärkungspakt. Das wurde der Stadt bisher verwehrt, obwohl sie inzwischen überschuldet ist, die Steuereinnahmen einbrechen, die Sozialausgaben in den vergangenen sieben Jahren um 41 Prozent gestiegen sind. Bonan fordert weiterhin die Unterstützung vom Land und eine deutlich stärkere Übernahme von Soziallasten durch den Bund, weil es sich nicht um städtische Aufgaben handele, aber er sagt auch: „Wir können nicht immer nur auf Land und Bund hoffen“ Die Stadtpolitik hat für ihn durchaus Chancen, selbst Dinge zu beeinflussen.

Dramatische Finanzsituation

Er sagt das nicht zum ersten Mal. Die Politiker kennen die kritischen Punkte: Die Stadt leistet sich vergleichsweise hohe Zuschüsse zum ÖPNV, Bonan schätzt sie um bis 15 Millionen jährlich zu hoch. Bei der offenen Ganztagsbetreuung leistet sich Mülheim einen der höchsten Standards im ganzen Land – die Folge: Die Stadt muss jährlich vier Millionen Euro dazu geben.

77 Millionen neue Schulden in diesem Jahr

Die Frage, ob die Stadt in Heißen das Wennmannbad sanieren oder neu bauen sollte, und damit langfristig sich günstiger stehen könnte, will Bonan im Rahmen der Haushaltsberatungen mit den Politikern diskutieren.

Zur Mitte des Jahres geht der Kämmerer davon aus, dass die geplante neue Verschuldung von 77 Millionen Euro in 2015 gehalten wird und nicht überschritten werden muss. Dies geschah in der Vergangenheit mehrfach.

Bisher, glaubt der Kämmerer, hätten die meisten Bürger noch gar nicht gespürt, dass es der Stadt schlecht gehe. Die dramatische Finanzsituation ist aus seiner Sicht bei vielen noch gar nicht angekommen, selbst in der Politik nicht. Anders kann er sich die jüngste Debatt­e um ein weiteres Schwimmbad links der Ruhr (wir berichteten) nicht erklären. „Ein Schwimmbad ist immer ein Schuldensteigerungsprojekt.“

Ein solider Finanzierungsvorschlag fehlt ihm, so dass er eine kurz- bis mittelfristige Umsetzung als unrealistisch einstuft – auch angesichts von 77 Millionen Euro neuen Schulden in diesem Jahr. Für den Kämmerer geht es jetzt erst einmal um die Reduzierung von Standards und Verzicht.