Mülheim. Eine neue Studie mit 530 Zweitklässlern zeigt Defizite in Kraft und Ausdauer. Aber die Schwimmfähigkeit ist überdurchschnittlich.

Grundschulkinder sind in vielen Bereichen fit – in Kraft und Ausdauer gibt es allerdings Defizite. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Untersuchung des Sportwissenschaftlers Dr. Dirk Hoffmann vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Vor Ort durchgeführt wurden die Tests von Mitarbeitern des Mülheimer Sportbundes (MSB) und des Mülheimer Sportservice (MSS).

An zwölf Mülheimer Grundschulen wurden insgesamt 530 Zweitklässler im Rahmen des Programms „Kommsport“ auf ihren Bewegungs- und Fitness-Status getestet. Überprüft wurden Schnelligkeit, Ausdauer, Kraft, Koordination und Beweglichkeit.

Sportwissenschaftler Dr. Dirk Hoffmann berichtet über einzelne Test-Elemente: „Beim 20-Meter-Sprint und der Rumpfbeuge sind die Ergebnisse positiv und zum Teil sogar überdurchschnittlich im Vergleich zu Gleichaltrigen in anderen Kommunen ausgefallen.“ Beim seitlichen Hin- und Herspringen sowie beim Balancieren rückwärts seien die Zweitklässler fit. Auch die Schwimmfähigkeit der Jungen und Mädchen stellte den Forscher zufrieden: „61,5 Prozent der Schüler besitzen mindestens das Seepferdchen-Abzeichen, und knapp 92 Prozent der Kinder verlassen die Grundschule als Schwimmer. Das sind deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt“, stellt Dr. Dirk Hoffmann fest. Er merkt aber auch an: „Die meisten Kinder mit Seepferdchen haben jedoch keinen Migrationshintergrund.“

Der Sportwissenschaftler stellte allerdings auch Defizite der Zweitklässler im Bereich von Kraft und Ausdauer fest. Die Gründe liegen seiner Meinung nach in einem generellen Bewegungsmangel von Kindern. „Die Eltern-Taxis zur Schule verstärken dieses Problem“, kritisiert Hoffmann.

Mehr als 16 Prozent übergewichtig

Auch das Gewicht mancher Kinder bereitet ihm Sorgen: 16,2 Prozent der getesteten Grundschüler waren übergewichtig. „Damit erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit von Adiposität im Erwachsenenalter“, warnt Dr. Hoffmann. 51 Prozent der Schüler waren in Sportvereinen aktive – „ein erfreuliches Ergebnis“, sagt der Wissenschaftler. Sein Kollege Prof. Dr. Ulf Gebken von der Uni Duisburg-Essen weist auf ein weiteres Problem hin: den Zusammenhang zwischen sportlicher Leistungsschwäche und dem sozialen Milieu. „sozial benachteiligte Kinder werden zu selten in Sportvereinen angemeldet und erhalten an NRW- Schulen keine zusätzliche Bewegungsförderung.“ In anderen Bundesländern hätten solche Programme bereits gute Erfolge erzielt.

Hinzu komme ein Mangel an ausgebildeten Sportlehrern, der deutschlandweit festzustellen sei: „An den Grundschulen“, so Prof. Gebken, „werden 70 Prozent des Sportunterrichts von fachfremden Lehrern gehalten. Die Schüler spielen dann abwechselnd Völkerball oder Brennball...“ Mögliche Gegenmaßnahmen? „Sportlehrer müssen ihre Schüler aufmerksam beobachten und bei starken Defiziten das Gespräch mit den Eltern suchen“, meint Gebken.

MSB verteilt Sportgutscheine an Kinder

Alle Kinder, die beim Test noch in keinem Sportverein waren, bekamen vom MSB einen Sportgutschein für eine einjährige kostenlose Mitgliedschaft in einem von 42 Mülheimer Clubs. Damit soll die Freude an Bewegung gefördert werden. Der Gutschein kann während der gesamten Grundschulzeit eingelöst werden.

Die Defizite in punkto Kraft und Ausdauer haben sich nach Aussage der Sportwissenschaftler in den letzten 20 Jahren stetig verschlechtert.

Die Fitness der Mülheimer Grundschulkinder soll in der vierten Klasse, also in zwei Jahren, erneut getestet werden.