Mülheim. . Mit einem Millionen-Aufwand hat Mülheim Aschenplätze in (Kunst-)Rasen verwandelt.
An manchen Tagen im Sommer war es besonders schlimm. Der aufgewirbelte Staub auf den Ascheplätzen setzte nicht nur den Spielern, sondern auch den Anwohnern zu. Die Spielbedingungen waren schlicht katastrophal, „Und wir haben echte Probleme mit den Nachbarn bekommen“, erinnert sich Peter Hein, der 1. Vorsitzende des Verbandes Mülheimer Fußballvereine. Die Lust, auf Asche zu spielen, ging vielen verloren. Der Ruf nach Grün wurde lauter. Vor acht Jahren begann die Stadt mit dem Umbau: Asche raus, (Kunst-)rasen rein. Im kommenden Jahr werden die letzten beiden Plätze umgebaut. Ein Mammutprojekt in Zeiten der städtischen Finanzkrise wurde gestemmt.
„Jedes Jahr ein Platz“ war das Ziel gewesen, so die Leiterin des Mülheimer Sportbundes, Martina Ellerwald. Heute legt sie folgende Bilanz vor: Acht Großspiel- und fünf Kleinspielfelder wurden bislang modernisiert. Wer auf die Mülheimer Landkarte des Fußballs schaut, sieht nur noch wenige rote Punkte, die einen Ascheplatz markieren: Die Anlage an der Hardenbergstraße ist derzeit im Bau, an der Mintarder Straße wird noch in diesem Jahr mit dem Umbau begonnen. Am Finkekamp und an der Bruchstraße wird im nächsten Jahr die grüne Verwandlung abgeschlossen.
„Es gab regelrechte Existenzängste bei Vereinen“
So recht hat mancher im Mülheimer Sport nicht daran geglaubt, dass dies alles trotz des gigantischen Schuldenbergs der Stadt möglich sein wird. Und dahinter steckte auch die große Sorge: Wer auf der Asche sitzen bleibt, wird es schwer haben, gegen Vereine mit Kunstrasen in der Konkurrenz zu bestehen. „Es gab regelrechte Existenzängste bei Vereinen“, sagt Peter Hein und kann das mit Zahlen belegen. Rot-Weiß Mülheim hatte 13 Jugendmannschaften, dann waren es zehn, dann sechs. In Broich sah es ähnlich aus. Die Kinder wechselten dorthin, wo sie beim Sturz weicher fielen, sich weniger verletzten.
„Es war wichtig“, so Martina Ellerwald, „dass wir auch einen festen Fahrplan für die Umwandlung der Plätze aufgestellt haben, um den Vereine eine Perspektive zu geben.“ Die Zahl der Jugendmannschaften, die Nutzungsintensität, die Bevölkerungsdichte im Stadtteil – das alles spielte ein Rolle dabei.
Bislang rund 13,8 Millionen für die Modernisierung aufgewendet
Der Umbau war nicht billig: Bisher hat die Stadt rund 13,8 Millionen für die Modernisierung aufgewendet. Im Schnitt, so Ellerwald, waren pro Platz etwa 700 000 Euro erforderlich. Doch längst nicht alles waren auch städtische Gelder: „Die Anlagen in Heißen und Speldorf wären ohne die Mittel der Leonhard-Stinnes-Stiftung gar nicht möglich gewesen“, sagt Ellerwald. Und auch mit Mitteln aus dem Konjunkturprogramm des Bundes konnte ein Platz umgebaut werden, der an der Südstraße. Schließlich gab die Stadt Plätze auf, machte daraus Bauland und bekam so Geld, um an anderer Stelle investieren zu können – wieder in den Sport.
Acht Großspiel- und fünf Kleinspielfelder bisher modernisiert
Umgewandelt wurden bisher die Sportanlagen Am Waldschlößchen, an der Zeppelinstraße, Südstraße, Saarner Straße, Durch die Aue, Schildberg und an der Moritzstraße sowie das Ruhrstadion an der Friesenstraße .
Im Bau befinden sich die Sportplätze an der Hardenbergstraße, der Baustart an der Mintarder Straße erfolgt 2015. Die Modernisierung an der Bruchstraße und am Finkenkamp starten 2016.
Die Fußballvereine in Mülheim zählen derzeit rund 5000 Mitglieder. Gut die Hälfte davon spielt in den Jugendmannschaften. Bei einigen Vereinen steigt die Mitgliederzahl im Jugendbereich wieder.
Asche raus, Rasen rein – das war längst nicht alles. Die Sportvereine haben die Gelegenheit genutzt, auch jenseits der reinen Spielfläche ihre Platzanlage zu modernisieren. Zwischen 20 000 und 50 000 Euro haben die meisten Vereine aufgebracht, um Umkleiden, Vereinsheim, Stehränge oder Parkplätze zu erneuern. In der Spitze, so Hein, wurden gar an die 100 000 Euro aufgebracht, etwa beim MSV 07. Eine Besonderheit ist Blau-Weiß Mintard. Der Verein schaffte es, 400 000 Euro Eigenmittel aufzubringen und mit Hilfe von weiteren 250 000 Euro Stiftungsgeldern sich eine der schönsten Anlagen zu errichten.
Die Anstrengungen lohnen sich: Der Fußball gewinnt an Zuspruch: MSV 07 etwa hatte unter Asche 420 Mitglieder, mit dem Rasen wurden daraus inzwischen 580. Hein berichtet gar von einem neuen Trend: die Freizeit- und Hobbyfußballer. „Sie haben Freude daran, auf Kunstrasen zu spielen.“ Und auch die Nachbarschaft kann aufatmen: Der Staub ist weg – und Rasen macht das Spiel sogar etwas leiser.
Stadt gab auch Plätze komplett auf
Asche war im Ruhrgebiet früher Normalität, heute wird sie auf Sportplätzen als schädlich und hinderlich betrachtet. Weniger Plätze, aber die in einer besseren Qualität – das ist Ziel beim Umbau von Asche auf Rasen gewesen. Die Sportplätze am Blötterweg und an der Hochfelder Straße hat die Stadt aufgegeben.
Auch in Heißen wurden, so an der Rudolf-Harbig-Straße und am Mühlenfeld, einstige Sportflächen in die Vermarktung gegeben, um Geld für den Umbau an anderer Stelle zu erzielen. Das war eine Vorgabe der Bezirksregierung für die Finanzierung der neuen Heißener Bezirkssportanlage. Das Heißener Projekt ist das umfangreichste und war politisch umkämpft. Die neue Sportanlage geht einher mit der Fusion von drei Vereinen: Turnerbund Heißen, RSV Mülheim und Holthausener TV.
Umkämpft war auch die erst geplante Aufgabe des Platzes an der Von der Tann-Straße in Styrum. „Wir wollen diese Anlage jedoch nun erhalten“, betont Martina Ellerwald mit Blick auf den Schulsport. Verhandlungen mit der Bezirksregierung liefen dazu. Die ursprünglich durch einen Verkauf zu erzielende Summe muss dafür auf einem anderen Weg erzielt werden. Asche bleibt an der Prinzeß-Luise-Straße und an der Oberheidstraße, wo vor allem Schulsport und weniger Vereinssport stattfindet.