Mülheim. Weil der Aufzug in ihrem Haus seit Wochen still steht, muss eine 96-jährige Mieterin Treppen steigen. Das geht gar nicht, sagt der Mieterschutzbund.
Wilma Wrabel muss zurzeit Treppen steigen. Viele Treppen. Seit Ende Juni steht der Aufzug in dem Haus, in dem die 96-Jährige seit 25 Jahren im dritten Stock wohnt, still. Wieder einmal. Schon 2012 wandte sich die alte Dame an die NRZ, weil sie in dem von der Treureal verwalteten Haus an der Leineweberstraße sechs Wochen ohne Aufzug auskommen musste.
Für jeden Treppenaufstieg braucht die Mieterin eine halbe Stunde. Weil sie sich mit beiden Händen am Treppengeländer festhalten muss, kann sie nur kleine Einkäufe tätigen. „Das geht gar nicht. Der Aufzug ist Bestandteil des Mietvertrages und muss so schnell, wie möglich, repariert werden. Wenn das nicht geht, weil man auf Ersatzteile warten muss, muss der Hauseigentümer einen sozialen Ersatzdienst, wie einen Einkaufsservice anbieten“, betont Harald Bartnik vom Mieterschutzbund. Der vertritt in Mülheim 7500 Mitglieder, 1000 mehr als noch 2012.
Androhung eines "deftigen Ordnungsgeldes"
Die Beschwerden über private Vermieter, private Wohnungsgesellschaften und Immobilienfondsgesellschaften hätten sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt, so Bartnik. Oft können oder wollen private Hauseigentümer aus finanziellen Gründen Reparaturen nicht zahlen oder schieben es auf die lange Bank.
Mit Blick auf einen längerfristigen Stillstand des Aufzugs hält Bartnik eine 20-prozentige Mietminderung für angemessen. Im Notfall könnten Mieter auch in ein Hotel umziehen und die Kosten dem Vermieter in Rechnung stellen. Möglich sei auch, beim Amtsgericht eine einstweilige Verfügung und die Androhung eines „deftigen Ordnungsgeldes“ von 50.000 Euro und mehr zu erwirken, um Vermieter zum Handeln zu zwingen.
Weitere Mängel im Haus
Das Haus an der Leineweberstraße gehört, laut Treureal, einer Fondsgesellschaft, deren Namen sie aber nicht bekannt gibt. „Uns ist das Problem seit sieben Wochen bekannt. Wir sind aber nur für die kaufmännische Verwaltung des Hauses zuständig“, erklärt ein Sprecher der Treureal. Er verweist an die für die technische Hausverwaltung zuständige Firma Inwest. Dort verneint man die Zuständigkeit und fügt hinzu: Man spreche nicht mit der Presse.
Auf Umwegen erreicht die NRZ einen Bereichsleiter der zuständigen Hausmeisterfirma. Nach deren Angaben wurden die Mieter mit einem Aushang vor knapp drei Wochen darüber informiert, dass der Aufzug noch circa drei Wochen stillgelegt sei. Ein Insasse habe sich mit Gewalt aus dem stecken gebliebenen Aufzug befreit und dabei die Aufzugtür und wichtige Scharnierteile beschädigt. Man warte auf Ersatzteile.
Kein Telefon, TV und warmes Wasser
Dabei ist der Aufzug seit einem Kellerbrand vor neun Tagen nicht die einzige Baustelle im Haus. Weil der Brand Kabel im Keller beschädigte, hat Wilma Wrabel seit dem auch auf kein Telefon, Fernsehen und warmes Wasser im Bad. Auch das wäre laut Mieterschutzbund eine Mietminderung von je zehn Prozent wert.