Mülheim. Knapp 27 Stunden hatte die Stadt, um eine Notunterkunft einzurichten, in der 150 Flüchtlinge für mindestens drei Wochen unterbracht werden können.
Montag, 13 Uhr, kam das Fax aus Düsseldorf. Dienstag, 17 Uhr, fuhren die Busse mit Flüchtlingen vor. 27 Stunden blieben der Stadt Mülheim, um mit Partnern eine Notunterkunft einzurichten, in der bis zu 150 Menschen mindestens drei Wochen lang bleiben können. Die Turnhalle Lehnerstraße ist nun auf jeden Fall bis zum Ferienende eine sogenannte Erstaufnahmestelle.
Es ist eine neue Herausforderung, die über Nacht angegangen werden musste. Sozialamtsleiter Thomas Konietzka sagt deutlich: „Es ist ein Schnellschuss.“ Die Stadt übernehme eine Aufgabe, die keine kommunale ist. Also habe man „kein Personal, keine Räumlichkeiten und keine Erfahrung“. Denn die Flüchtlinge, die Dienstag in Mülheim ankommen, sind noch nicht als Asylbewerber registriert. Das geschieht in der Erstaufnahme, bevor sie auf Städte in die Regelunterbringung verteilt werden.
Flüchtlinge werden untersucht und registriert
Zum Glück habe man erfahrene Partner gewinnen können, sagt Uwe Bonan, der nicht als Stadt-Kämmerer, sondern als Vertreter von Sozialdezernent Ulrich Ernst spricht. Das Mülheimer DRK und der Regionalverband der Johanniter Unfallhilfe wissen, worauf es ankommt und haben in Saarn die Federführung übernommen, um aus einer (Schul-)Sporthalle eine Notunterkunft zu machen. 600 Meter Bauzaun wurden da auf dem abgedeckten Hallenboden aufgestellt, um Parzellen für ein wenig Privatsphäre einzurichten. Dort, wo sonst Matten und Turngeräte stehen, entsteht ein Gebetsraum.
Johanniter-Einsatzleiter Thorsten Strack weiß, wie wichtig diese Rückzugsmöglichkeit ist. Gleiches gelte für einen Stillraum. Zudem wird ein Sanitätsbereich eingerichtet, Toiletten- und Sanitätswagen werden aufgestellt. Eine erfahrene Essener Sicherheitsfirma wurde engagiert. DRK und Johanniter haben Dienstpläne erstellt; rund um die Uhr ist jemand vor Ort.
Die Flüchtlinge werden in der Erstaufnahme medizinisch gesichtet und registriert. Nächster Schritt ist die „Büme“, die Bescheinigung über die Meldung als Asylbegehrender. Wer die ausgibt, ob die Stadt dafür verantwortlich ist, wird laut Thomas Konietzka derzeit geklärt. Es ist eine von vielen offenen Fragen: Wie viele Menschen aus welchen Ländern kommen, ist unklar. Ebenso, wie lange sie bleiben. Im Schreiben der Düsseldorfer Bezirksregierung ist von „zumindest drei Wochen“ die Rede. Uwe Bonan: „Wir gehen davon aus, dass es auf die Ferienzeit begrenzt ist.“ Immerhin werde die Halle für den Schulsport benötigt, eine städtische Pflichtaufgabe. Und: „Wir wollen die kommunalen Aufgaben erfüllen und nicht die des Landes.“
Bezirksregierung forderte von der Stadt Mülheim sofortige Hilfe
Rein rechtlich hat die Düsseldorfer Bezirksregierung Amtshilfe ersucht. „Dabei bittet eine Behörde eine andere, eine ihrer Aufgaben zu übernehmen“, erklärt Stadtdirektor Frank Steinfort. Der rechtliche Rahmen lasse „kaum Spielraum“ abzulehnen. 5000 Flüchtlinge werden in dieser Woche in NRW erwartet, die regulären Erstaufnahmestellen sind voll. Uwe Bonan spricht von einer „unglücklichen Situation“ und glaubt, „das Land hat sich zu viel Zeit gelassen“. Dennoch wolle man „humanitäre Hilfe“ leisten. „Das gehört auch zur kommunalen Solidarität mit anderen Städten.“
Die Kosten für die schnelle Herrichtung der Sporthalle Lehnerstraße kann Stadtkämmerer Bonan noch nicht beziffern: „Wir sind aber in der Erwartungshaltung, dass das Land sie übernimmt.“ So steht es auch im Schreiben der Düsseldorfer Bezirksregierung.
In Mülheim sind viele Akteure beteiligt, um Raum für bis zu 150 Menschen zu schaffen sowie Infrastruktur, Logistik und rechtlichen Rahmen: u.a. Sozial-, Ausländer-, Gesundheits- und Schulamt, DRK, Johanniter, Feuerwehr, Polizei, Mülheimer Sportservice, Mülheimer Immobilienservice, MEG und der Sicherheitsdienst RGE.