Mülheim. . Die Wirtschaftsförderung befragte 260 Unternehmen. Viele sind noch immer über langsame Leitungenans Netz angeschlossen.

Der Hafen ist so ein weißer Fleck, in den Stadtteilen Heißen und Selbeck sieht es genauso bescheiden aus und auch in den Ortsteilen Menden und Ickten sucht man schnelles Internet bislang vergebens. Obwohl Mülheim im Breitbandatlas NRW im Vergleich zu den Nachbarkommunen Essen und Oberhausen vergleichsweise gut abschneidet, weil 88,9 Prozent aller Haushalte (theoretisch) in den Genuss von schnellem Internet kommen können, sieht es bei Mülheims Firmen deutlich bescheidener aus.

Das ist Ergebnis einer Umfrage der Wirtschaftsförderung Mülheim & Business unter 260 Firmen im Stadtgebiet. Gerade einmal 13,7 Prozent der befragten Unternehmen beurteilen ihre Breitband-Versorgung als „sehr gut“, 30 Prozent als „gut“. Weit mehr als die Hälfte der Firmen sieht deutlichen Nachholbedarf.

Erst kürzlich hatte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die Breitbandversorgung in Nordrhein-Westfalen als einen zentralen Punkt in ihrer sogenannten Digitalstrategie benannt. Demnach soll bis 2018 gewährleistet sein, dass jeder Haushalt in NRW zumindest theoretisch die Möglichkeit hat, in den Genuss von schnellem Internet zu kommen. Die Städte stellt das vor völlig neue Herausforderungen. Sie müssen erst einmal in Erfahrung bringen, welche Ortsteile unterversorgt sind, wo es den größten Nachholbedarf gibt.

Glasfaser reicht nur selten bis in Industriegebiete

„Wir wollten uns schnell und unbürokratisch einen Überblick über die Situation bei den Unternehmen in der Stadt verschaffen“, sagt Jürgen Schnitzmeier, Mülheims Wirtschaftsförderer. Seine Umfrage hat somit Pilotcharakter in der Metropolregion Ruhrgebiet.

Die Probleme Mülheims sind die vieler Städte im Revier: Vor allem Industrie- und Gewerbegebiete sind von der Anbindung an schnelle Internetleitungen abgeschnitten. Weil Glasfaserkabel nur selten bis in die Industriegebiete gelegt wurden. Weil Kabel-TV-Netze, die auch für schnelles Internet genutzt werden können, nur in geringer Zahl auf Industrieflächen verlegt wurden. „In Industriegebieten wurde bislang nur wenig Kabelfernsehen geschaut“, sagt Schnitzmeier.

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Außerdem, so Mülheims Wirtschaftsförderer, sei der Anspruch an eine dauerhaft verfügbare Internetleitung für ein Unternehmen ungleich höher als bei einem Privathaushalt. „Fällt die Leitung dort aus, ist das geschäftsschädigend.“

Höhere Verfügbarkeit bedeute aber auch höhere Preise. Das sei eine Erkenntnis, die sich bislang noch nicht bei den Unternehmen vor Ort durchgesetzt habe. Zudem sei die Bereitschaft, sich am Netzausbau zu beteiligen, gering.

80 Prozent der befragten Firmen gaben an, sie seien nicht bereit, in Breitband-Leitungen zu investieren. „Gerade kleine und mittelständische Unternehmen scheuen die nicht gerade unerheblichen Investitionen“, so Schnitzmeier. Vor allem dann, wenn der Bagger anrücken muss. Laut Wirtschaftsförderung entfallen rund 80 Prozent der Kosten für schnelles Internet auf Tiefbauarbeiten.

Die Zeit drängt

Auch deshalb will Schnitzmeier versuchen, die Interessen der Firmen in Mülheim zu bündeln und die Netzbetreiber – allen voran den Marktführer Deutsche Telekom – gezielt anzusprechen. Das Ziel: Unternehmen sollen sich zusammenschließen, um gemeinsam die Kosten für einen Breitband-Anschluss in ihrem Gewerbegebiet zu schultern.

Die Zeit drängt, das weiß auch Schnitzmeier. Deshalb sei die Umfrage unter den Firmen auch nur der Auftakt, das Thema Breitband-Versorgung in Mülheim anzugehen. Gemeinsam mit dem Amt für Geodatenmanagement und Vermessung und den Netzbetreibern wolle man sich einen Überblick verschaffen, wo welche Anschlüsse und wo Leerrohre liegen, die ohne großen Aufwand mit neuen Datenleitungen versehen werden können. Diese Infos seien natürlich auch wichtig für künftige Ansiedlungen, denn: „Schnelles Internet wird immer mehr zum Standortfaktor.“