Mülheim. Das WAZ-Lesercafé machte Station in Holthausen/Raadt und kam vor Ort mit den Anwohnern ins Gespräch. Nachdem die Netto-Filiale geschlossen wurde, ist die Nahversorgung nach Meinung der allermeisten Besucher derzeit das drängendste Problem in dem Stadtteil.

Die Nahversorgung ist zurzeit wohl das wichtigste Thema, das die Bürger in Holthausen und Raadt bewegt. Das wurde beim WAZ-Lesercafé, das bei Hemmerle an der Zeppelinstraße zu Gast war, deutlich. Das Problem: „Netto“ hat zu gemacht und was aus dem „Tengelmann“-Laden am Oppspring wird, bleibt weiterhin offen. „Bis das Kartellamt über die Übernahme durch Edeka entschieden hat, bleibt alles, wie es ist“, verspricht Justine Zagalak, Pressesprecherin bei Tengelmann.

„Ein halber Stadtteil ist durch die Netto-Schließung von der Nahversorgung abgeschnitten“, klagt ein Besucher das WAZ-Lesercafés und meint damit das Wohngebiet auf dem ehemaligen Kasernengelände. Junge Familien seien dort eingezogen mit der Vorstellung, dass es in unmittelbarer Nähe einen Supermarkt gebe – was nun nicht mehr der Fall sei. Aber auch für ältere Menschen (ohne Auto) bringe der Wegfall des „Netto“-Ladens viele Unannehmlichkeiten. „Ich werde älter und bin hergezogen, weil ich sah, dass alles hier zu Fuß zu erreichen ist. Aber immer mehr Läden gehen weg – von Café Schwager über Netto bis zum Fitnesscenter“, sagt Leserin Cheryl Meller enttäuscht.

Ausreichend Kunden für "Tante-Emma-Läden"

Ob bei der Planung des Wohnparks Witthausbusch denn keine Einzelhandelsfläche eingeplant gewesen sei?, will Birgit Asthoff wissen. Klaus Beisiegel, Referent im Bau- und Planungsdezernat, erklärt auf Nachfrage dazu: „Der Bebauungsplan damals sah einen Nahversorgungslebensmittelladen mit rund 800 Quadratmetern Fläche am Steinknappen vor. Wir haben über drei Jahre lang mit etwa sechs Einzelhandelsunternehmen Gespräche geführt, aber es fand sich keiner, der dort hingehen wollte. Daraufhin wurde der Bebauungsplan abgeändert.“ Damals habe „Plus“, der Vorgänger von „Netto“ signalisiert, dass man an der Zeppelinstraße bleiben werde. Dass der Nahversorger nun weggefallen ist, sei schlecht. Man hoffe, dass wieder ein anderer dort einziehe. „Aber darauf haben wir als Stadt ja erstmal keinen Einfluss“, so Beisiegel.

Auf die Schließung reagiert und sich direkt mit seinem Team besprochen, hat auch Planungsamtsleiter Jürgen Liebich: „Wir haben uns die Situation vor Ort angesehen und überlegt, wie es dort weitergehen kann.“ Die Nahversorgung der Anwohner sieht Liebich trotz der Netto-Schließung durch die Tengelmann-Filiale gesichert. Trotzdem sei es auch von Seiten der Stadt wünschenswert, wenn an der Stelle wieder ein Lebensmittelmarkt eröffnete. Nach Abwägung der Fakten, wie Lage und vor allem Größe mit rund 400 qm des Ladenlokals, hat Liebich einen Tipp für den Eigentümer: „Ich könnte mir da einen Bio-Frischemarkt wie etwa Denn’s vorstellen. Diese Märkte suchen Ladenlokale in dieser Größe.“

Zurück zum Kleinmarkt - eine Idee für Holthausen?

Kleinere Lebensmittelläden könnten wieder in Mode kommen. Einige Handelsketten sind schon dabei, Minimärkte einzurichten. So gibt z.B. die Rewe-to-go-Filialen in frequentierten Innenstadtlagen, aber auch Nahversorger namens „Emmas Enkel“ oder „Lädchen für alles“, die u.a. auf dem Land in unterversorgten Gebieten eröffnet haben.

Auf reduzierter Fläche (ab 70 bis ca. 300 m²) werden hier ausgewählte Produkte (auch Frischware und, wie bei Rewe-to-go, verzehrfertige Produkte wie Salate) angeboten.Noch steckt das Zurück-zum-Kleinladen aber in der Testphase.

Die Lesercafé-Besucher ärgern sich über mangelndes Engagement im Fall der „Netto“-Schließung und würden die Stadt gerne in die Pflicht nehmen: „Was gedenkt die Stadt für unsere Grundversorgung in Holthausen zu tun?“, fragen sie. Einige sorgen sich, dass die benachbarte „Oil“-Tankstelle auch verschwinden könnte und dort Wohnhäuser entstehen sollen. Der diensthabende Tankwart allerdings wusste davon nichts, aus der Hamburger Firmenzentrale war keine Stellungnahme zu bekommen. Eine Anregung zum Thema gibt ein weiterer Café-Besucher: „Es gibt mittlerweile Handelsketten, die nicht mehr auf die Riesen-Märkte setzen und wieder Tante-Emma-Läden einrichten. . .“. Kunden dafür gebe es in Holthausen doch genug.