Mülheim. Wer keine neue Gesundheitskarte hat, bekommt beim Arzt eine Privatrechnung. Allerdings hat man zehn Tage Zeit, die neue Karte nachzureichen.

Seit Anfang des Jahres gilt für alle gesetzlich Versicherten die neue Gesundheitskarte - und zwar nur sie. Ein Problem für alle, die die neue Karte noch nicht beantragt haben. Denn wenn sie nun zum Arzt gehen, bekommen sie eine Privatrechnung. Doch das ist nur die eine Seite. Die andere: Geplant war die Gesundheitskarte als eine Art elektronische Krankheitsakte. Alle wichtigen Daten sollten dort gespeichert sein - vom Hausarzt bis hin zu Medikamenten, bei denen eine besondere Unverträglichkeit besteht. Gerade in Notfällen wichtige Informationen. Aber nichts davon wird auf der neuen Karte gespeichert sein. Der Grund: Datenschutz. Die einzige Innovation: Das Patienten-Foto. Doch auch hier konnte man bereits von skurrilen Vorfällen hören: So haben Spaßvögel einfach falsche Bilder abgegeben, etwa von ihrem Hund. Die dann auch prompt abgedruckt worden sind. Kurz: Die neue Karte verursacht viel Aufwand, bringt aber keine Veränderung.

Notfallkarte für wichtige Daten

Dabei war geplant worden, den Aufwand für die Versicherten gering zu halten. Noch im Oktober 2013 hatten die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung mitgeteilt, die alte Karte könne bis zum aufgedruckten Ablaufdatum benutzt werden. Aber die Krankenversicherungsverbände haben es sich noch einmal anders überlegt, nun gilt also die schärfere Regelung. „Bei uns sind in den letzten Tagen tatsächlich viele Patienten gewesen, um die neue Karte zu beantragen“, so Norbert Misiak von der Barmer. Allerdings dauere es gut eine Woche, bis die Karte da ist. Der Großteil, etwa 98 Prozent, sei aber bereits versorgt. Auf eine ähnliche Wartezeit müssen sich auch die Versicherten der AOK einstellen. Dies dürften aber nicht mehr so viele sein. „Von den 40 000 Versicherten vor Ort etwa 700“, so Regionaldirektor Oliver Hartmann. „Eher sogar etwas weniger.“

Jeder wird erstmal behandelt

„Aber auch die Patienten, die mit der alten Karte zum Arzt kommen, müssen nicht befürchten, keine Behandlung zu bekommen“, betont Heiko Schmitz, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Zehn Tage hätten sie Zeit, die neue Karte nachzureichen. Falls das nicht geschehe, würde der Arzt eine Privatrechnung stellen. So verfährt auch Udo Brock, der als Internist eine Praxis in der Innenstadt betreibt: „Ich habe bisher 285 Patienten behandelt, von denen hatten 14 keine neue Karte.“ Für Brock steht die Gesundheitskarte für ein klares Ziel der Kassen: „Sie wollen den gläsernen Patienten. Ich kann gut verstehen, dass viele Menschen Angst davor haben.“ Für den Mediziner ist seine Loyalität klar: „Es gibt ein Arzt-Patienten-Geheimnis. Das hat Vorrang. Da haben die Kassen überhaupt nichts mit zu tun.“ Es sei daher gut, dass die neue Karte nicht über mehr Daten verfüge als die alte. Wenn nur nicht das viele Geld gewesen wäre: „Da sind Milliarden an Euro hinausgeworfen worden.“ Freilich rät auch Brock dazu, wichtige Daten mit sich zu führen. Ein gutes Beispiel dafür, wie das ohne Datenschutzprobleme geht, gibt es in Essen: Initiiert vom Gesundheitsamt gibt es dort eine „Notfallkarte“, auf der Medikamente verzeichnet werden. „Das ist freiwillig“, betont Brock. Vielleicht auch eine Idee für Mülheim.