Mülheim an der Ruhr. . Die Gebührenordnung lässt Tierärzten großen Spielraum. Behandlungs-Aufwand und Praxis-Ausstattung spielen u.a. eine Rolle. Eine Mülheimerin erzählt.

Wie teuer eine ärztliche Behandlung sein kann, vergisst man häufig. Spätestens aber, wenn der Arzttermin für das Haustier ansteht, muss tief ins Portemonnaie gegriffen werden. Dabei hält es sich mit den Behandlungskosten der Tierärzte fast wie auf einem Basar: Eine sehr flexible Gebührenordnung lässt den Ärzten freie Hand.

„Die Höhe der einzelnen Gebühr bemisst sich, soweit nicht anderes bestimmt ist, nach dem Einfachen bis Dreifachen des Gebührensatzes“, heißt es in der Gebührenordnung für Tierärzte der Bundestierärztekammer. Das kann bei größeren Eingriffen mehrere Hundert Euro Unterschied bedeuten.

Auch die Ausstattung der Praxis falle ins Gewicht

Astrid Behr vom Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) begründet die Schwankungen: „Der Tierarzt bestimmt seine Gebühren, ob einfachen oder dreifachen Gebührensatz, anhand des Aufwandes mit dem Tier. Wenn ein Tier kaum zu bändigen ist, kostet das mehr.“ Doch auch die Ausstattung der Praxis falle ins Gewicht. „Umso mehr Geräte in der Praxis vorhanden sind, desto höher kann der Tierarzt die Gebühren ansetzen.“

Der Halter kann diese Zusammenrechnung kaum einschätzen – die Mülheimerin Andrea Schlegel (Name geändert) musste bei ihrem letzten Tierarztbesuch diese Erfahrung machen. Beim Termin bei einer Mülheimer Tierärztin wurde ihrer Katze mit Verdacht auf eine Schilddrüsenunterfunktion Blut abgenommen. „Die Tierärztin schlug mir vor, aufgrund des hohen Alters ebenfalls die Nierenwerte erneut zu checken“, erzählt Schlegel. Vor Ort zahlte sie 90 €, nach Hause erhielt sie noch eine Rechnung über 40 € aus einem externen Labor.

„130 € für eine Blutuntersuchung – das fand ich schon extrem teuer“, so die 45-Jährige. Nach einem Anruf in der Praxis erklärte die Tierärztin u.a., „dass die Nierenwerte im eigenen Labor bestimmt wurden, um das Ergebnis schneller zu haben“ – die gleiche Untersuchung in einem externen Labor wäre 30 € günstiger gewesen. Schlegel wäre also mit 100 € davongekommen. „Ich beschwerte mich über diese Vorgehensweise, woraufhin sie mir vorwarf, meine Katze zu vernachlässigen – das hätte man gesehen.“

Die Werte zeigten leicht erhöhte Schilddrüsen- sowie Nierenwerte

Die Werte zeigten leicht erhöhte Schilddrüsen- sowie Nierenwerte, was Schlegel bereits zuvor wusste. Spezialfutter für nierenkranke Katzen wurde empfohlen.

Das Futter kann man lediglich beim Tierarzt kaufen. „Die Tierärztin lehnte ab, mir das Futter zu verkaufen, da ich so unfreundlich gewesen sei.“

Astrid Behr vom bpt zeigt Unverständnis für die Reaktion der Ärztin: „Das halte ich nicht für normal. Ich empfehle, eine Beschwerde bei der Landestierkammer einzureichen.“

Tierschutzverein hilft Bedürftigen

Eine Einschätzung der Behandlungskosten im Voraus ist unmöglich, sagt Astrid Behr vom Bundesverband praktizierender Tierärzte. „So etwas wie einen Kostenvoranschlag kann der Tierarzt nicht geben, weil man nie weiß, was im Behandlungsraum passiert.“ Lediglich zu einer detaillierten Rechnung sei der Tierarzt verpflichtet.

Die Mülheimer Tierärztin Mirjam Unger hält einen Kostenvoranschlag für möglich. „Eine Einschätzung kann ich dem Tierhalter geben“, sagt die Tierärztin. „Ich betone aber auch, dass unerwartete Situationen zusätzliche Kosten hervorrufen können.“ Für die meisten Behandlungen nimmt sie den 1,5-fachen Gebührensatz. „Wenn eine Behandlung sehr zeitaufwendig ist, also etwa mit Infusionen und Waschaktionen, dann nehme ich auch mal den zweifachen Gebührensatz“, erklärt Unger. Tierhaltern mit finanziellen Problemen bietet sie auch Optionen an. „Wenn nicht alles geht, dann empfehle ich zuerst die Behandlungen, die dringend notwendig sind.“ In Ausnahmefällen bietet Unger auch Ratenzahlungen an. „Bei Fremden ist das allerdings schwieriger.“

Einmal im Monat eine kostenlose Tiersprechstunde für Leistungsempfänger

Heidrun Schultchen, Vorsitzende des Mülheimer Tierschutzvereines, kennt die Sorgen der Tierhalter: „Wir haben immer wieder Leute, die kein Geld haben, um zum Tierarzt zu gehen. Deswegen bieten wir einmal im Monat eine kostenlose Tiersprechstunde für Leistungsempfänger an, in der wir Tiere impfen und kastrieren.“ Mehr Hilfe könne der Verein nicht bieten. „Jeder muss selbst für sein Tier sorgen und da gehören Futter- und Arztkosten eben dazu“, sagt die Vorsitzende. Einige Tiere landen aufgrund der nicht mehr finanzierbaren Kosten sogar im Tierheim, „oder sie werden einfach entsorgt“.

Die Bundestierärztekammer rät jedem Tierhalter, sich vom Veterinär die Untersuchungen und Kosten erläutern zu lassen. „Man kann mit jedem Tierarzt reden“, sagt Tierärztin Unger, „dann gibt es am Ende keine böse Überraschung.“