Mülheim. Geschäftsführer Matthias Frense über die Herausforderungen der nächsten Monate bei der Sanierung des angeschlagenen Ringlokschuppens in Mülheim. Was wird gestrichen, was geändert?

Die Benefizveranstaltung zur Rettung des Ringlokschuppens am kommenden Freitag ist schon ausverkauft. Wenn Herbert Knebel, Wilfried Schmickler und Gerburg Jahnke auftreten, kommen die Comedy-Freunde gern, auch wenn die Tickets 35 Euro kosten. Treibende Kraft bei der Organisation sei Rene Steinberg, der ebenfalls auftrete, sagt Geschäftsführer Matthias Frense, aber so genau wisse er das selbst nicht.

Dass sich die Künstler an der Rettung des Ringlokschuppens beteiligen, findet der 50-Jährige jedenfalls großartig. Durch die Hilfe des Landes und die Kulturstiftung sowie den Mietverzicht der MST konnte zum Jahresende eine Insolvenz vermieden werden. Auch die Solidarität der Mitarbeiter spielte eine entscheidende Rolle. Die zehn, die bleiben können, verzichteten auf Einkommen, die, die gehen mussten, schraubten ihre Ansprüche runter. Im Wirtschaftsplan sind für vier Mitarbeiter, die gar nicht da sind, aber Gehälter vorgesehen.

An eine Wiederbelebung ist nicht gedacht

„Wir haben noch nicht viel erreicht. Jetzt geht die Arbeit erst richtig los. Das kommende Jahr wird hart“, sagt Frense. „Wir blicken ihm mit Respekt und großer Demut entgegen“. Die meisten Programmpunkte sind bereits seit Wochen festgezurrt. Sie zu stemmen wird für das geschrumpfte Team eine Herausforderung. Es gibt aber auch Dinge, die gestrichen, aufs nächste Jahr oder mit neuen Ideen aufgenommen werden.

Die Fatzer-Tage gehören dazu, mit denen es erst 2016 weitergeht; Einschnitte wird es auch bei der Theaterpädagogik mit Kindern und Jugendlichen geben, da die Mitarbeiterin gehen musste. Kleiner wird auch das Shiny-Toy-Festival. Hinter einer Co-Produktion steht ein großes Fragezeichen und an eine Wiederbelebung des seit einigen Monaten wieder leer stehenden Lokals ist auch nicht gedacht - zumindest nicht in der bisherigen großen Form. Gastronomie im Kleinen rund um Veranstaltungen soll es dagegen weiterhin geben und ein Kaffeeangebot im Sommer für Müga-Besucher fände Frense ebenfalls erstrebenswert.

Projekt mit Flüchtlingen

Interessantes kündigt er für die Dezentrale an der Leineweberstraße an: Ein Flüchtlingsprojekt, das zur Willkommenskultur der Stadt passt. Sie wird Sitz der „Silent University“, wie sie es bereits in Stockholm, London und Hamburg gibt. Initiator ist der 43-jährige kurdische Künstler Ahmet Ögüt, ein faszinierender Mensch, den Frense in Berlin kennengelernt hat, der mit einer Vielzahl von Materialien arbeitet. Bei der Universität geht es nicht um ein großes Projekt, vielmehr um einen anderen Blick auf Flüchtlinge. Nicht ihre Defizite, sondern ihre Stärken stehen im Mittelpunkt. Es geht darum, Flüchtlinge als Bereicherung zu erleben. Ein Iraner lehrt etwa alte Kaligrafie. Eröffnung ist im Juni parallel zum Impulse-Festival.

In Gesprächen hat Frense festgestellt, dass es viele Missverständnisse und falsche Vorstellungen gebe. Immer wieder höre er die Klage darüber, dass der Ringlokschuppen die gut laufenden Partys eingestellt habe und sich zunehmend auf elitäres Theater konzentriere. Beides sei falsch. „Es ist ja nicht so, dass Theaterleute nicht gerne feiern. Nichts gegen eine coole Party. Aber sie sollte sich zumindest selbst tragen“, sagt Frense. 2008 habe man sich aus wirtschaftlichen Gründen entschieden, die Partyreihe Hüftengold einzustellen. „Sie war einfach zu teuer geworden.“ Die Zeiten haben sich eben geändert.

„Daraus ziehen wir unsere Lust und Energie“

Das größte Missverständnis sei es, die freie Theaterszene in die elitäre Ecke zu stellen. „Das ist absolut zugänglich, extrem erlebnisorientiert und Theater, das man mit allen Sinnen erleben kann. Hier wird kein bildungsbürgerlicher Kanon abgerufen.“ Man muss nur mal einen Abend des Franzosen Philippe Quesne erleben, der beim Theater der Welt in Mannheim begeisterte. In Next Day spielen 13 Kinder von 9 bis 11 Jahren ein Überlebenscamp nach einer Katastrophe und musizieren auch dabei.

Zwei Gastspiele von Kampnagel aus Hamburg („pralles und lustvolles Tanztheater - Spitzenunterhaltung“) und zweimal Vorschlaghammer, was überhaupt nicht kopflastig sei. Überhaupt habe man für 2015 ein Hammerprogramm, was bei der Krise nicht übersehen werden dürfe. „Daraus ziehen wir unsere Lust und Energie“, so Frense. „Was gibt es beglückenderes, als mit anderen ein Erlebnis zu teilen und sich darüber dann auszutauschen. Das geht nur im Theater.“

Über die Zukunft des Ringlokschuppens geht es auch in einer öffentlichen Runde am Mittwoch, 28. Januar, um 19 Uhr. Jeder kann seine Erwartungen nennen.