Mülheim. Die Stadt Mülheim sucht Bereitschaftspflegefamilien, die auf Zeit ein Kind aufnehmen können. Elf solcher Familien gibt es in der Stadt, es könnten mehr sein.
Wenn ein Kind ganz plötzlich aus einer Familie genommen werden muss, weil es dort gefährdet ist, oder weil sein alleinerziehender Elternteil ins Krankenhaus muss, stehen Bereitschaftspflegefamilien bereit, um dem Kind für begrenzte Zeit ein Zuhause zu geben.
Elf solcher Familien gibt es in Mülheim, darunter ältere und jüngere, Paare im Großelternalter, aber auch alleinstehende Frauen und Männer. Mehr davon wünscht sich Andrea Rumswinkel, die bei der Stadt Pflegefamilien betreut. Familien wie jene in Saarn, die namentlich nicht genannt werden soll: Drei eigene Kinder hat das Ehepaar bereits groß gezogen, zwei Dauerpflegekinder, 11 und 14 Jahre alt, kamen schon als Kleinkinder zur Familie und leben bis heute dort. Eine Bereitschaftspflegestelle für ein kleines Kind halten sie parat: Für ein Baby in Not steht in dem Einfamilienhaus immer eine Wickelkommode und ein Kinderbettchen im Schlafzimmer bereit. Warum sie und ihr Mann (51) das tun, darauf gibt die 53-jährige Pflegemutter eine ebenso einfache wie logische Antwort: „Wir lieben Kinder.“
„Man wird immer gefragt"
Alle ihre Kinderbilder hängen zusammen an einer Wand im Wohnzimmer: die der eigenen Kinder, der Enkelkinder, der Dauerpflegekinder und auch der drei Babys, die vorübergehend bei der Familie zu Hause waren. Das letzte blieb sogar fast eineinhalb Jahre, es kam als vier Wochen alter Säugling in die Familie und blieb, bis sich passende Adoptiveltern fanden.
Tut es da nicht weh, ein lieb gewonnenes Kind wieder abgeben zu müssen, das man bei den ersten Schritten ins Leben begleitet, dem man die ersten Worte beigebracht hat? Obwohl man doch weiß, Bereitschaftspflege ist Elternschaft auf Zeit? Natürlich habe sie ein lachendes und ein weinendes Auge gehabt. Doch eine (Pflege-)Mutter will immer das Beste für ihr Kind: „Die Zeit mit ihm war wunderschön“, sagt die fröhliche Frau. „Und ich wusste ja, er geht in eine bessere Zukunft.“ Zu jüngeren Eltern, die ihm all’ das noch geben können, was auch ihre eigenen Kinder hatten – wie der Discobesuch mit dem Papa.
Wie läuft das, wenn jemand als Bereitschaftspflegestelle angenommen und dafür ausgebildet wurde? „Man wird immer gefragt und nie vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagt sie. Aber manchmal muss es eben auch sehr schnell gehen. Einmal sei sie gerade mit ihrem Mann beim Waffelessen gewesen, als ein Anruf vom Jugendamt kam. Sie stimmten zu, das Kind in zwei Stunden in Empfang zu nehmen. „Auf dem Rückweg konnten wir dann noch die passenden Windel einkaufen“, erinnert sie sich.
Bewerber müssen einige Voraussetzungen erfüllen
Bereitschaftspflegefamilien nehmen Kinder bis zu zwölf Jahren auf. Man kann Einschränkungen vereinbaren, wie nur kleine oder nur größere Kinder aufzunehmen, und man kann auch „Auszeiten“, in denen man aussetzt, vereinbaren.
Doch bis ein Bewerber oder ein Bewerberpaar als Bereitschaftspflegefamilie registriert wird, ist eine Menge an Papier zu bewältigen, wie Andrea Rumswinkel erklärt. Sie ist beim KSD, dem Kommunalen Sozialen Dienst, für die Adoptionsvermittlung und die Bereitschaftsbetreuung zuständig.
Bereitschaftspflegeeltern müssen zum Beispiel ein Führungszeugnis und Gesundheitsnachweise vorlegen, müssen ein soziales Netzwerk haben und finanziell unabhängig vom Pflegesatz der Kinder sein. Es gibt zuvor eine Schulung, später umfassende Betreuung der Pflegeeltern im Einsatz.
Info bei: Andrea Rumswinkel, 455- 5128; andrea.rumswinkel@muelheim-ruhr.de oder Franz Mantau, 455-5176, franz.mantau@muelheim-ruhr.de, oder im Netz: www.muelheim-ruhr.de, Stichwortsuche: Bereitschaftspflege