Mülheim. . Über 400.000 Euro müssen bis Ende Dezember aufgetrieben werden, sonst wird der Ringlokschuppen insolvent. Verschiedene Varianten stehen zur Debatte.

Der Ringlokschuppen steht vor dem Aus. Über 400.000 Euro müssen bis Ende Dezember aufgetrieben werden, sonst wird das Kulturhaus insolvent. Allein 435.000 Euro Miese sind als offene Posten aufgelaufen.

Am Rande des Ruins ist das vom Verein KIR (Kultur im Ringlokschuppen) getragene Veranstaltungshaus nicht das erste Mal, doch dass es so knüppelhart kommt, damit hat wohl kaum einer gerechnet. Zumal nach Bekanntwerden der klammen Lage im letzten Jahr ein Beirat für den Ringlokschuppen gegründet wurde, dem auch Vertreter der verschiedenen politischen Fraktionen angehören.

Politiker sind entsetzt und fassungslos

Das Gremium erfuhr erst bei einer eilig einberufenen Sondersitzung in der letzten Woche von der desaströsen Finanzlage: „Auch für uns war das überraschend“, sagt Dr. Daniela Grobe, Beirats-Mitglied der Grünen. Bei den Grünen ist man sich einig, „dass wir den Ringlokschuppen nicht fallen lassen wollen“, sagt Tim Giesbert, stellvertretender Vorsitzender des Kulturausschusses. Der Grünen-Politiker ist „traurig, dass wir so kurzfristig informiert wurden“. Was Informationspolitik und finanzielle Transparenz des Ringlokschuppen-Managements betrifft, „sind da auch handwerkliche Fehler gemacht worden.“

Als völlig undurchsichtig bezeichnet Markus Püll (CDU) die wirtschaftliche Lage des Ringlokschuppen. „Wir Politiker dachten, die sind auf einem guten Weg!“ Dass die Lage von den Verantwortlichen verschwiegen worden sei, sorge in der CDU für Unmut. Nicht nur dort.

Margarete Wietelmann, Vorsitzende des Lokschuppen-Beirates, ist „fassungslos und traurig, dass es soweit kommen musste“. Die SPD-Politikerin wirft dem Management vor: „Ich fühle mich getäuscht.“ Erst in der Beitratssitzung im Oktober seien Zahlen vorgetragen worden, „die keinen Anlass zur Besorgnis gaben“. Kurze Zeit später dann die Krisensitzung: „Auf diese Weise vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden – das ist mies.“ Bei einer Rettung des Ringlokschuppens fragt sich Wietelmann: „Wo sollen wir jetzt 400.000 Euro herholen?“ Der Regierungspräsident habe da auch noch ein Wörtchen mitzureden. „Ich hoffe“, sagt Wietelmann, „dass es gelingt, die Arbeit irgendwie fortsetzen zu können.“

Kultur des Wirtschaftens

So mal eben Politik und Stadtverwaltung wie aus dem Nichts die offenen Rechnungen auf den Tisch zu legen, mag eine gewisse Dramaturgie beinhalten, doch darauf kann eine Stadt, die nicht weiß, wie sie dringend benötigte Turnhallen finanzieren soll, gut verzichten. Analog zur jüngsten Plakataktion des Ringlokschuppen mag man sich fragen: Was ist los? Warum gründet man Beiräte, wenn selbst dort nicht darüber geredet wird, dass es finanzielle Probleme gibt? Hat keiner erkannt, dass manche Angebote einfach nicht das Publikum finden, das man braucht, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen? Und wenn ich merke, dass ich Mieten für eine Stadthalle nicht mehr bezahlen kann, bleibe ich dort weg und hoffe nicht darauf, dass es einer irgendwie schon richten wird.

Kultur setzt auch die Kunst des Wirtschaftens voraus. Subventionen und Fördermittel entbinden einen nicht von der Pflicht des soliden Handelns. Schon vor zwei Jahren gab es den ersten Warnschuss, aus dem offensichtlich keine Lehren gezogen wurden.

Retten? Auf jeden Fall, es wäre schade um diese Stätte. Aber nur retten, wenn an der Spitze auch Strategen sitzen, die auch in Welt des Geldes Regie führen können.

Ein Kommentar von Andreas Heinrich

Man sucht nun nach anderen Lösungen

Mögliche Varianten sind die Planinsolvenz oder die Rettung des Ringlokschuppens mit einer Überführung in dauerhaft tragfähige Strukturen. Letztere geht mit der finanziellen Unterstützung, personellen Konsequenzen, Arbeitsplatzabbau und neuem Konzept daher. Dabei würden die Geschäftsführer Peter Krause und Holger Bergmann zum Jahresende gehen, weitere vier von insgesamt 15 Mitarbeitern müssten einer Auflösung der Verträge zustimmen.

Für die Erhaltung des Kulturzentrums und den zusätzlichen Finanzbedarf muss der Stadtrat grünes Licht geben und es bedarf einer Genehmigung durch die Bezirksregierung. Ob der Rat mitspielt? „Wir sollten die Einrichtung nicht vor die Wand fahren lassen“, sagt Franziska Krumwiede (Grüne). Sie befürchtet aber auch: „Angesichts der Haushaltslage wird man sich mit einem weiteren Zuschuss keine Freunde machen.“

Der Ringlokschuppen ist seit 1992 ein Zentrum für die freie Kulturszene und soziokulturelle Projekte.