Mülheim. 14,5 Prozent der untersuchten Vorschulkinder in Mülheim sind zu dick: Das Projekt Prima Leben geht in die Kindertagesstätten, um dem Übergewicht von morgen vorzubeugen. Bei den 20- bis 30-Jährigen steigt dagegen das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung.

Deutschland wird immer dicker. Das sagt zumindest das statistische Bundesamt. Danach sind 52 Prozent aller Deutschen übergewichtig, vier Prozent mehr als noch vor 15 Jahren. Diese Nachricht alarmiert vor allem am heutigen Weltdiabetestag. Denn mit dem Übergewicht steigt auch das Risiko, an Diabetes zu erkranken.

„Der tendenziell steigende Anteil Übergewichtiger ist eine typische Erscheinung unserer modernen Wohlstandsgesellschaft, in der die Menschen zwar immer mobiler, aber immer weniger in Bewegung sind“, weiß der Vorsitzende der Mülheimer Ärztekammer, Uwe Brock, aus seiner Praxis als Hausarzt und Internist.

Nord-Süd-Gefälle

Er stellt fest, dass Menschen die Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, die sie in ihrer Kindheit und Jugend erlernt haben, auch ins Erwachsenenalter mitnehmen und es mit zunehmendem Alter schwieriger wird, Lebensgewohnheiten zu verändern und Übergewicht dauerhaft zu reduzieren. Allerdings entwickelten gerade die 20- bis 30-Jährigen ein zunehmendes Bewusstsein für den Zusammenhang von gesunder Ernährung und Bewegung. „Denn die Patienten in dieser Altersgruppe fragen sich nicht nur mit Blick auf ihre Berufsplanung: Wie gehe ich am besten mit meinen Ressourcen um“, betont Brock.

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Erhebungen zum Thema Übergewicht bei Erwachsenen gibt es auf lokaler Ebene nicht. Allerdings gibt es bei den Schuleingangsuntersuchungen eine steigende Tendenz: Danach lag der Anteil der übergewichtigen Vorschulkinder 2009 bei 13- und 2013 bei 14,5 Prozent. Dabei zeigt eine Stadtkarte der Statistiker das klassische Nord-Süd-Gefälle Mülheims. In den sozial schwächeren Stadtteilen des Nordens ist die Übergewichtsquote bei den Schuleingangsuntersuchungen überdurchschnittlich und in den sozial stärkeren Stadtteilen des Südens unterdurchschnittlich.

Die Spannbreite reicht von 0 bis 3,5 Prozent in Raadt und im Speldorfer Bezirk Monning und Prinzenhöhe bis zu 18- bis 22 Prozent in der Innenstadt und im Bereich Aktienstraße. Diese Zahlen und das zunehmende Problem des Übergewichtes überraschen den Gesundheitswissenschaftler und Arbeitsmediziner Dr. Damir Puac nicht. Er leitet im Gesundheitsamt die Stabsstelle Gesundheitsförderung und koordiniert in dieser Funktion auch das seit 2009 laufende Projekt Prima Leben, mit dem die Stadt gegensteuert, in dem sie in Kindertagesstätten, gesundheitliche Aufklärungsarbeit über den Zusammenhang von Übergewicht, Ernährung, Bewegung und Entspannung leistet.

„Im Kindergarten können wir Kinder noch prägen und ihre Eltern mit einbeziehen, um ihnen zu zeigen, dass nicht nur das Nutella-Brot und Spaghetti mit Ketchup lecker sein können“, beschreibt Puac die Zielrichtung des Projektes, an dem bisher 38 von 82 Kindertagesstätten teilgenommen haben.

Präventionsprojekt

Wie sieht ein gesundes Frühstück aus? Warum sollte man nur zweimal pro Woche Fleisch essen? Wie kann man spielerisch in Bewegung kommen oder sich mit einer Traumreise entspannen? Und warum ist es immer günstiger und gesünder, Mahlzeiten selbst zuzubereiten statt auf Fertigprodukte zurückzugreifen? Solche und ähnliche Fragen werden bei Prima Leben nicht nur mit Kindern und Erzieherinnen, sondern auch mit Eltern und Hauswirtschafterinnen in Theorie und Praxis durchexerziert.

Finanziell und personell getragen wird das Präventionsprojekt, in das jährlich 120.000 Euro fließen von der Leonhard-Stinnes-Stiftung, von der Stadt und dem Mülheimer Sportbund. Außerdem sitzen AOK, Medl, Tengelmann und der Rotaryclub Mülheim-Uhlenhorst als Sponsoren mit im Boot.

Nach ihren durchweg positiven Erfahrungen mit der aufklärerischen und gesundheitsfördernden Wirkung von Prima Leben hofft nicht nur die Leiterin der Styrumer Kindertagesstätte an der Albert-straße, Christina Heuse, dass das Projekt auch über das Jahr 2016 hinaus dauerhaft weitergeführt werden kann. Denn die 90 .00 Euro, die jährlich von der Leonhard-Stinnes-Stiftung kommen, sind zunächst bis Mitte 2016 befristet.