Mülheim. . Viele Eltern sind auf eine Ganztagsbetreuung für ihr Kind angewiesen, doch um das möglich zu machen, muss an Stellen von ausgebildeten Kräften gespart werden. Ersetzt werden sollen sie durch Erzieherinnen im ersten Anerkennungsjahr.

Die Nachfrage nach dem Offenen Ganztag steigt. Doch für weitere Gruppen
hat die Stadt kein Geld mehr. Mülheim will bei der Offenen Ganztagsschule Personal kürzen und mehrere Stellen mit Auszubildenden besetzen, um Geld zu gewinnen für weitere Gruppen.

„Das wird erst der Anfang sein“, sagt Uwe Alex, Leiter des Schulverwaltungsamtes, mit Blick auf die steigende Nachfrage von Eltern nach einer Betreuung an den Schulen jenseits der Unterrichtszeit. Die Politik hat die Verwaltung aufgefordert: Mehr Gruppen an den Schulen zu ermöglichen, ohne mehr Geld auszugeben.

Voll ausgebildete Kräfte sollen durch Teilzeitarbeiter ersetzt werden

So sollen nun fünf Vertretungsstellen wegfallen und 14,6 Teilzeitstellen mit Erzieherinnen im Anerkennungsjahr oder aus der dualen Ausbildung ,Soziale Arbeit’ besetzt werden statt durch voll ausgebildete Kräfte. Macht unterm Strich jährlich 170.000 Euro Einsparung. Damit, so Alex, ließen sich drei zusätzliche neue Gruppen einrichten. Ob das den Bedarf deckt, ist noch unklar. Auf keinen Fall will die Stadt den Personalschlüssel pro Gruppe verkleinern und bei zwei Kräften für jede erste Betreuungsgruppe an einer Schule und anderthalb Stellen für jede weitere Gruppe bleiben.

Im Vergleich oft teurer als andere Kommunen

Die Stadt Mülheim gibt mehr aus als andere Kommunen. Zum Beispiel für den ÖPNV, wo das Defizit deutlich über dem anderer Kommunen liegt. Das gilt auch für die Soziallasten und die Seniorenheime.

Vergleichszahlen zur Offenen Ganztagsschule bestätigen dies ebenfalls: Der städtische Anteil pro Kind und Jahr beträgt in Mülheim 2400 Euro, in Düsseldorf 1100, in Köln 600, in Essen 520 und in Oberhausen 500 Euro.

90 Gruppen mit 2120 Kindern gibt es derzeit in Mülheim, das sind fast 40 Prozent aller Grundschüler. Dabei leistet sich Mülheim eine sehr teure Offene Ganztagsschule, ganz bewusst und mit breiter politischer Unterstützung. Kaum eine andere Stadt gibt so viel Geld dafür aus: rund fünf Millionen Euro im Jahr. Der Eigenanteil der Städte pro Schüler und Schuljahr soll nach dem Landesschnitt 410 Euro betragen. Mülheim legt zum Landesanteil und den Elternbeiträgen aber 2400 Euro pro Kind drauf. Für Kämmerer Uwe Bonan ist das auch einer der Gründe, warum es Mülheim so schlecht geht.

Der jetzige Vorschlag des Schulverwaltungsamtes sei ein kluger, um den weiteren Bedarf zu decken, sagt der schulpolitische Sprecher der CDU, Heiko Hendriks. Aber er glaubt auch, dies könne nur ein erster Schritt sein: „Wir müssen das vorhandene Personal noch flexibler einsetzen.“ Heißt: Mehr mit den vorhandenen Kräfte abdecken.

Hoher Standard soll in Mülheim gewahrt werden

Meike Ostermann (FDP) macht deutlich, wie schwer sich Politik in Mülheim damit tut, an der Qualitätsschraube zu drehen: „Wir wollen nicht auf ein Landesniveau absinken, aber wir erkennen die Notwendigkeit, auch den Eltern einen Betreuungsplatz anzubieten, deren Kinder sonst nicht versorgt werden können.“ Die FDP-Bildungspolitikerin, die stets für den hohen Standard eingetreten war, sieht angesichts von 80 Millionen Euro neuer Schulden das Dilemma der Stadt, für die Betreuung weiterhin ein Vielfaches von dem zu zahlen, was andere Kommunen sich leisten.

Auf billigere Betreuungskräfte mit einer geringeren Qualifizierung zurückzugreifen – auch darüber hat die Stadt nachgedacht und ein Plus von 687.000 Euro im Jahr errechnet. Damit könnten zwölf neue Gruppen eingerichtet werden. „Wir haben“, sagt Alex, „den Vorschlag erst mal fallen lassen.“