Moers/Kamp-Lintfort/Neukirchen-Vluyn. Der „Anzeigenhauptmeister“ als Vorbild? Auch in Moers verpfeifen Bürger Falschparker beim Ordnungsamt. Auf zwei Straßen sind sie besonders aktiv.
- Dank dem „Anzeigenhauptmeister“ stehen Falschparker zurzeit besonders im Fokus. Auch in Moers gibt es immer wieder Privatanzeigen.
- Auf einer Straße in der Moerser Innenstadt hat ein Bürger an nur einem Tag zehn Anzeigen beim Ordnungsamt erstattet.
- In Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn ist die Zahl der Bürgeranzeigen von Parksündern kleiner.
Falschparker stehen zurzeit unter besonderer Beobachtung. Gleiches gilt für die aufmerksamen Bürgerinnen und Bürger, die solche Verkehrsverstöße anderer beim Ordnungsamt melden. In der schwedischen Stadt Uppsala erhalten Bürger für jede Meldung über eine eigene App, die zu einem Strafzettel führt, neuerdings eine Prämie von 100 schwedischen Kronen, umgerechnet etwas weniger als neun Euro.
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Prominentester Vertreter unter den Hobby-Verkehrswächtern ist sicherlich der selbsternannte „Anzeigenhauptmeister“ Niclas M. aus Sachsen-Anhalt, der durch eine millionenfach geklickte Spiegel TV-Dokumentation jüngst große Bekanntheit im Netz erlangte. Durch die systematische Suche nach Parksündern hat der 18-Jährige allein im vergangenen Jahr nach eigener Aussage mehr als 4000 Anzeigen zu verantworten. Sein Ziel für den durchaus ungewöhnlichen und streitbaren Karriereweg sei es, in jeder deutschen Stadt mindestens einen Falschparker anzuzeigen. Auf der Plattform Instagram führt Niclas M. eine ausführliche Statistik. Ein Besuch des „Anzeigenhauptmeisters“ in der Grafenstadt ist darin zumindest bislang nicht erkenntlich.
Wie der „Anzeigenhauptmeister“: Zehn Verstöße an einem Tag auf einer Straße in Moers gemeldet
Dennoch gibt es auch in Moers einige Bürgerinnen und Bürger, die dem Ordnungsamt Verstöße wie abgelaufene Parkscheine oder Verstöße gegen das Halteverbot melden. Das beweist die Datenbank der Falschparker-App „Weg.li“. Über die Anwendung werden regelmäßig Verstöße dokumentiert und an die Stadt weitergeleitet. Mit Blick auf die Meldungen in den vergangenen drei Monaten stechen besonders zwei Stellen im Stadtgebiet heraus. In der verkehrsberuhigten Zone am Gallierring in Moers-Utfort wurden innerhalb kürzester Zeit drei Parksünder erfasst. Noch aktiver war ein App-Nutzer auf der Homberger Straße: Auf dem Stück zwischen Horten-Kreisel und Königlichem Hof sind an einem einzigen Tag im Januar zehn verschiedene Verstöße angezeigt worden – allesamt wegen Parkens auf dem Gehweg.
Stadtsprecher Thorsten Schröder bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion, dass es in Moers einige Bürger mit besonders vielen Hinweisen gibt. Bei den allermeisten Meldungen handle es sich jedoch weniger um selbsternannte Parkplatz-Sheriffs, die sich gezielt auf die Suche nach Sündern begeben, sondern vielmehr um Bürger, die sich an einem Verstoß auf ihrer eigenen Straße stören würden.
Hunderte Privatanzeigen gegen Falschparker unterstützen Moerser Ordnungsamt
Allein im ersten Quartal dieses Jahres konnte die Stadt Moers 193 Verfahren aufgrund von Privatanzeigen ahnden. Im gesamten Jahr 2022 waren es 610 von Bürgern angezeigte Ordnungswidrigkeiten, 2023 sogar „nur“ 501. Die Verwaltung hat im vergangenen Jahr insgesamt 414 Verwarngelder in einer Gesamthöhe von 13.795 Euro erhoben. Dazu kommen 87 Bußgeldverfahren (6241 Euro). Somit haben von Bürgern gemeldete Falschparker im Jahr 2023 mehr als 20.000 Euro in die Moerser Stadtkasse gespült.
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Rund 90 Prozent aller Meldungen über Verstöße, welche die Stadt per E-Mail (bussgeldstelle@moers.de) erreichen, werden verfolgt. Sofern ein Fall nicht plausibel ist oder wichtige Fotos für die Dokumentation fehlen, wird dieser nicht geahndet. In der Gesamtbetrachtung sieht das Moerser Ordnungsamt die Hinweise aus der Einwohnerschaft als leichte Arbeitserleichterung, wenngleich der Innendienst durch die Überprüfung der Meldungen etwas mehr zu tun hat als üblich. „Insgesamt steht aber die Verkehrssicherheit für uns im Fokus, da wir aufgrund der Personalsituation nicht überall kontrollieren können“, sagt Thorsten Schröder.
Prämie für Falschparker-Meldungen? Kamp-Lintfort: „Werden auf keinen Fall sozialen Unfrieden stiften“
Dennoch wolle die Stadt ihre Einwohner nicht aktiv dazu aufrufen, Mitbürgerinnen und Mitbürger zu „verpfeifen“ und sieht die Aufgabe der Verkehrsraumüberwachung weiterhin primär bei sich. Aus diesem Grund habe man auch noch nicht darüber nachgedacht, Hinweise ähnlich wie in Uppsala finanziell zu entlohnen.
Noch größer ist die Ablehnung gegenüber dem neuen Modell aus Schweden im Kamp-Lintforter Rathaus. „Auf keinen Fall werden wir bewusst sozialen Unfrieden stiften, sodass dies kein denkbares Szenario ist“, heißt es in der Antwort aus der städtischen Pressestelle. Dort seien die Zahl der Meldungen sowie die Höhe des eingenommenen Bußgeldes „als unwesentlich zu sehen“. Die Zahl der von Privatpersonen gemeldeten Verstöße lasse sich dort nicht genau beziffern.
Anders ist das in Neukirchen-Vluyn. Dort führt die Stadt eine Statistik über die Privatanzeigen von Parkverstößen: 66 Fälle wurden im Jahr 2023 gemeldet, alle wurden geahndet und haben der Verwaltung Einnahmen in Höhe von 1770 Euro beschert. Im aktuellen Jahr waren es von Januar bis März 17 Anzeigen (440 Euro). Im Vergleich zu den insgesamt geahndeten 2707 Fällen im vergangenen Jahr (Einnahmen: 67.870 Euro) ist die Zahl der Bürgeranzeigen somit ebenfalls gering. „Die Einreichung von sog. Fremdanzeigen kann ggfs. dazu beitragen, dass Falschparken reduziert wird. Es ist jedoch nicht primäres Ziel, Bußgelder zu erzielen“, sagt die städtische Pressesprecherin Sandra Kiss.