Neukirchen-Vluyn. Im Keller eines Hauses in Neukirchen-Vluyn läuft ein Kohleofen noch heiß. Woher die Kohle stammt und wie lange der Ofen in Betrieb bleiben soll.
„Früher hatten hier auf der Straße alle Kohle“, Bernd Bergmann aus Neukirchen-Vluyn blickt aus dem Küchenfenster. Heute sind er und seine Frau die Letzten, die noch mit Kohle heizen. Hinter einer Kellertür des Einfamilienhauses, Baujahr 1995, verbirgt sich der ebenso alte Kohleofen samt Kohlebunker.
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Angesichts der Auswirkungen bei Förderung und Verbrennung von Kohle auf Gesundheit und Umwelt, der Begrenztheit der Ressource sowie gestiegener Kohlepreise nutzen viele Haushalte seit einigen Jahren alternative Heizungsarten, allen voran Gas und Fernwärme. Bernd Bergmann ist seinem Kohleofen treu geblieben: „Der läuft jetzt 29 Jahre - da ist nichts dran“, versichert er. Eine regelmäßige Prüfung durch den TÜV ist jedoch Pflicht. Dieser misst, wie hoch die Feinstaub- und Kohlenmonoxidwerte des Ofens sind. „Wenn zu viel Staub rausgeht, wird der Ofen stillgelegt“, so Bergmann. „Noch entspricht meiner der Norm.“
Der Kohlekessel im Hause Bergmann läuft manuell. Einmal am Tag muss Bernd Bergmann auf ein Pedal treten, wenn der Ofen in Betrieb ist. Das Pedal schiebt die Asche, die beim Verbrennen der Kohle entsteht, in den Aschekasten, sodass Kohle nachrutschen kann. Im angrenzenden Kohlebunker, der viereinhalb Tonnen fassen kann, lagert Anthrazitkohle Nuss 5. Die Kohle ist recht klein gekörnt; „wie Schmiedekohle“, beschreibt Bergmann. In einer Heizperiode verbraucht der Ofen rund dreieinhalb Tonnen, in besonders kalten Wintern vier Tonnen. Der Neukirchen-Vluyner hat den Ofen meist von Mitte Oktober bis Anfang April in Betrieb. Für warmes Wasser außerhalb der Heizperiode verfügt die Anlage über einen elektrischen Anschluss.
Bernd Bergmann gelangte im Quereinstieg als Ausbilder in der bergtechnischen Ausbildung an die Zeche Niederberg in Neukirchen-Vluyn. „Ich habe erst bei Trox Werkzeugmacher gelernt“, erzählt er. Auf Niederberg sei nach seinem Großvater und Vater die dritte Generation gewesen. Dort arbeitete er in unterschiedlichen Bereichen 25 Jahre bis zur Schließung.
Es folgten 11 Jahre im kaufmännischen Bereich auf der Zeche Friedrich Heinrich in Kamp-Lintfort, bis 2012 auch dort das Betriebsende verkündet wurde. Als Zechenangestellter erhielt der Neukirchen-Vluyner jährlich acht Tonnen Kohledeputat. „Man konnte sich das teilweise auch auszahlen lassen“, erinnert er sich. Ein Kohleofen lohnte sich finanziell.
Starker Preisanstieg bei Kohle im vergangenen Jahr
Aktuell kauft das Ehepaar seine Kohle bei einem Kohlehändler aus Duisburg ein, der den Brennstoff wiederum aus Bottrop bezieht. In diesem Jahr kostete die Tonne 955 Euro - nahezu das Doppelte im Vergleich zu den Vorjahren, in denen Bergmann für eine Tonnen Anthrazit knapp 500 Euro zahlte. Günstigere russische Kohle stellt für ihn keine Alternative dar: „Die hat stark geascht.“
Im Hinblick auf die Energieversorgung möchte Bernd Bergmann gerne so unabhängig wie möglich von den Netzagenturen sein. Darum fährt er mehrgleisig: Auf dem Dach des Hauses befindet sich seit elf Jahren eine Photovoltaik-Anlage. 50 Prozent des erzeugten Stroms stehen ihm vertraglich für den Selbstverbrauch zu, die andere Hälfte wird eingespeist.
Neukirchen-Vluyner will auf Wärmepumpe umsteigen
Gestiegene Kosten sowie voranschreitende Schließungen der Kohlenhändler sind für Bergmann starke Argumente, um den Umstieg zu wagen: Im kommenden Jahr möchte er von seinem Hofmeier-Kohlekessel Typ K25 Abschied nehmen. Stattdessen soll eine Wärmepumpe her. „Vielleicht haben wir noch Platz für Stromspeicher, wenn wir den Ofen rauskloppen“, spekuliert der Neukirchen-Vluyner. Dann möchte er bei der Solar-Anlage vollständig auf Eigenverbrauch setzen.
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Den Aus- und Einbau nimmt der Hobby-Handwerker größtenteils selbst in die Hand. Das Haus hat er in Eigenregie durch zahlreiche Renovierungsmaßnahmen in Stand gesetzt - alles für seine Tochter: „Der haben wir das Haus letztes Jahr überschrieben“.