Herne. Die Eigentümerin einer Teilfläche des Knipping-Dorn-Geländes in Herne-Baukau schlägt fünf Tage vor der Zwangsversteigerung ihres Grundstücks Alarm: Sie warnt davor, dass von giftigen Altlasten einer ehemaligen Schraubenfabrik auf dem Nachbargrundstück große Gefahren ausgingen.

Am kommenden Freitag unternimmt das Amtsgericht Herne den nächsten Versuch zur Zwangsversteigerung von Teilen des Knipping-Dorn-Geländes in Baukau. Kurz vor dem Termin schlägt die zahlungsunfähige Eigentümerin in einem der WAZ vorliegenden Brief an OB Schiereck Alarm: Die 72-Jährige (Name der Redaktion bekannt) fordert die Stadt zur „Gefahrenabwehr“ auf, weil auf dem Nachbargrundstück – der früheren Produktionsstätte der Schraubenfabrik Knipping-Dorn – giftige Altlasten lagerten. Aufgrund des Gefälles hätten diese auch ihr Grundstück kontaminiert.

Einen mehrseitigen Bericht ihrer Berater und Bevollmächtigten, die das Nachbargelände nach eigenen Angaben mehrfach in Augenschein genommen haben, hat die Eigentümerin dem Brief beigefügt. Von der Fläche gingen erhebliche Gefahren aus, warnt die 72-Jährige. Auf dem (zugänglichen, weil nicht hinreichend abgesperrten) Areal fänden sich unter anderem „Giftfässer“, „Ausgasungen“ und „Ölwannen mit vermutlich schwermetallhaltigen Altölen, die vermutlich in die öffentliche Kanalisation eindringen“. Es existierten zahlreiche Bodenlöcher. Außerdem drohe der Einsturz von Hallenaufbauten. Auf dem Gelände seien mehrfach Menschen angetroffen worden, darunter auch Kinder, heißt es. Hier bestehe Lebensgefahr.

Keine Stellungnahme der Stadt

Die Stadt sei verpflichtet, so die 72-Jährige, sie und ihr Eigentum gegen Verunreinigungen zu schützen. Es müssten umgehend Absperr- und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden. Da sie schwer erkrankt sei, heißt es im Brief, werde sie ihre Ärzte prüfen lassen, inwieweit dies auf die Kontamination des Nachbargeländes zurückzuführen sei. Aufgrund der Tatsache, dass die Stadt seit Jahren über die Vergangenheit der Schraubenfabrik und Auswirkungen der früheren Produktionsstätten auf die Umwelt informiert gewesen sei, sehe sie sich gehalten, zeitgleich die zuständigen Umweltbehörden (im Land) in Kenntnis zu setzen, schreibt sie.

Dass nun der Vorwurf in den Raum gestellt werden könnte, der Eigentümerin gehe es mit ihrem Vorstoß nur um die Verhinderung der anstehenden Zwangsversteigerung, sei ihnen bewusst, so ein Bevollmächtigter zur WAZ. Dem sei aber nicht so: „Es geht hier um Tatsachen. Von diesem Gelände geht eine Gefahr aus.“

Was sagt die Stadt zu diesem Vorstoß und zum Ausmaß der Umweltbelastung auf dem Areal? Die Verwaltung nahm Dienstag nicht Stellung. Dies sei angesichts des Umfangs der von der WAZ vorgelegten Fragen nicht möglich gewesen, soll aber noch geschehen, so Stadtsprecher Christian Matzko. Die Eigentümer bzw. der Vermarkter der Fläche, die an das Grundstück der 72-Jährigen grenzt, war nicht zu erreichen.

Erste Versteigerung endete in einer Farce

Und zum Dritten? Der erste Versuch, ein Teilstück des Dorngeländes unter den Hammer zu bringen, endete am 17. Oktober im Amtsgericht Herne in einer Farce, weil der Sparkasse Essen als Hauptgläubigerin die bei der Zwangsversteigerung gebotene Summe von 1,15 Mio Euro zu niedrig war. Am Freitag (23.) geht es am Amtsgericht in eine neue Runde. Mehrere Flurstücke sollen erneut im Paket versteigert werden – darunter die Stadtvilla, in der die Eigentümerin der zu versteigernden Fläche bis vor Kurzem gelebt hat.

Im Oktober hatte die Leben Immobilien GbR – hinter der der Geschäftsführer des Herner NWB-Verlags steht – den (letztlich wertlosen) Zuschlag für das Areal erhalten. Der Verlag ist auf der Dornstraße praktisch Nachbar des zu versteigernden Areals. Mitgeboten hatte die Heinz Mayer GmbH aus Flörsheim.